6885813-1979_26_16.jpg
Digital In Arbeit

Grazer bejahen unseren Weg

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Volkspartei und Freiheitliche Partei arbeiten in Graz seit 1973 zusammen. Welche Erfahrungen ■ hat Ihnen diese Zusammenarbeit gebracht?

GÖTZ: Ich glaube, daß wir feststellen können, daß nach einer im Grunde genommen erzielten Ubereinstimmung in den Zielsetzungen und in der fairen Form des Miteinan-derredens gute Leistungen für die Stadt erbracht worden sind, die sich nicht zu verstecken brauchen. Im Gegenteil es sind Pionierleistungen in bürgernaher und moderner Kommunalpolitik vollbracht worden.

Ich halte es auch für ein notwendiges Zeichen des demokratischen Selbstverständnisses, daß eben zwei Parteien, die miteinander die Mehrheit haben, diese Mehrheit miteinander nützen. Dieses subjektive Empfinden hat ja auch seine objektiven Meßpunkte. Das sind die Wahlen. Es ist keine Frage, daß bei den letzten Gemeinderatswahlen von 1978 die Grazer Bevölkerung diesen Weg bejaht hat.

FURCHE: Freilich ging dieses Bündnis zu Lasten der Grazer Volkspartei, die bei den letzten Wahlen Stimmen und Mandate an die FPÖ verlor.

GÖTZ: In Graz stand 1978 eine Koalition mit 29 Mandaten einer sozialistischen Opposition mit 26 Mandaten gegenüber. Nach der Wahl lau-, tete das Verhältnis Koalition: SPÖ aber 32:23. Daß das auch für mich persönlich eine Anerkennung in der Bürgermeisterfunktion gebracht hat, freut mich natürlich. Ich habe aber nie die Arbeitsleistung der Koalition für mich allein in Anspruch genommen.

FURCHE: Ist es aus Ihrer Sicht wünschenswert, daß es bei der nächsten Gemeinderatswahl zu einer gemeinsamen Wahlliste von ÖVP und FPÖ kommt?

GÖTZ: Ich glaube, man sollte sich über Fragen, die doch relativ weit entfernt sind, nicht jetzt den Kopf zerbrechen. Persönlich bin ich kein Anhänger von Listen, die sich hinter einer bestimmten Bezeichnung verstecken. Eher neige ich dazu, daß ÖVP und FPÖ unter ihren Parteinamen auftreten.

FURCHE: Die Frage der Autobahn- Umfahrung von Graz war einer der Hauptwahlschlager des WahU kämpf es 1973. Da die Bürger der Stadt eine Trasse durch das Stadtgebiet ablehnten, kam es zur Alternative des Plabutschtunnels. Bis heute kam es aber zu keinem Baubeginn.

GÖTZ: Das bedauere ich sehr. Aber mehr als eine einheitliche Auffassung zwischen Gemeinde, Land und Bund herzustellen wäre nicht möglich gewesen. Das ist geschehen. Das andere ist eine Frage des in der österreichischen Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsweges, wobei der ordentliche Rechtsweg jetzt erschöpft ist.

FURCHE: Zu welchem Zeitpunkt wird Graz eine Autobahn-Umfahrung besitzen?

GÖTZ: Mit Beginn der Bauarbeiten ist mit einer etwa vierjährigen Bauzeit zu rechnen, vielleicht ist sie auch etwas verkürzbar. Der Beginn hängt jetzt ganz von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Der Baubeginn könnte noch heuer erfolgen, womit mit einer Fertigstellung 1983 oder 1984 gerechnet werden könnte. Das würde mit dem Gesamtausbautermin der Pyhrn-Autobahn noch harmonieren.

FURCHE: Die Sozialisten wollen in absehbarer Zeit mit der Neuordnung des Grundrechts-Kataloges wichtige Fragen der Verfassüngs-Weiterent-wicklung aufs Tapet bringen. Welche Gesichtspunkte wird die FPÖ hier konkret einbringen?

GÖTZ: Das ist sicher die Frage wie weit der Verfassungstext von der Verfassungswirklichkeit entfernt ist, mit dem anschließenden Versuch, diese Lücken zu schließen. Etwa im Bereich der Gewaltentrennung und der Machtkontrolle, die dazu führen müßte, die realen Träger der Macht in ein besseres und effizienteres Kontrollsystem einzubinden. Wir werden auch konkret zur Diskussion stellen, ob Regierungsmitglieder auch Abgeordnete sein können. Ich glaube, das ist wirklich nicht vereinbar. Das wäre ein erster Schritt - sicher nicht der einzige.

FURCHE: Mit der Einführung kleinerer, sogenannter Einer-Wahlkreise möchte die SPÖ das Wahlrecht personalisieren. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag?

GÖTZ: Die Begründung, die die SPÖ für eine Änderung des Wählrechtes gibt, wird erst dann stichhaltig, wenn der Wahl bestimmter Persönlichkeiten auch seitens der Wähler nähergetreten wird. Wir meinen daher, daß Änderungen des Wahlsystems erst dann diskutiert werden sollten, wenn ein solcher Wunsch seitens der Wählerschaft deutlich erkennbar wird. Etwa durch die Bereitschaft zur direkten Einflußnahme auf die Kandidaten-Selektion. In all diesen Fragen aber müßte man zuerst eine breite Aufklärung führen.

Man kann eine solche Lösung nicht oktroyieren, ohne zuvor vor allem mit den Betroffenen - den Wählern - darüber diskutiert zu haben. Und daß wir natürlich gegen Wahlrechtsänderungen sind, die sich gegen kleinere Parteien richten, das liegt wohl auf der Hand.

(Das Gespräch mit dem Grazer Bürgermeister Alexander Götz führte Alfred Grinschgl.)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung