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SPÖ will Hasiba noch einmal vorschlagen

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In die entscheidende Schlußrunde gehen diese Woche in Graz die Parteienverhandlungen über die Referatsund damit auch Machtverteüung für die kommenden fünf Jahre, die Bürgermeisterfrage konnte ja längst geklärt werden. Bei den Ressortverhandlungen dreht es sich im Kern darum, ob die beiden neuerlichen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ die bisher sozialistisch geführten Referate ausräumen wie einen Selbstbedienungsladen, was die Sozialisten in Graz in eine gefährliche Obstruktionsrolle drängen könnte, oder ob Götz und Hasiba eher zurückhaltend und kompromißbereit agieren werden.

Insbesondere FPÖ-Bürgermeister Alexander Götz war es in den vergangenen fünf Jahren gemeinsamen Regierens mit der ÖVP ein Dorn im Auge, daß die Grazer Rathaussozialisten mit dem Personal- und dem Finanzressort echte Schlüsselstellen in der Gemeindepolitik besetzt hatten und es auch trefflich verstanden haben, die ihnen damit gegebene Machtfülle als die Koalition ausspielendes Element einzusetzen. Vermutlich wird ab sofort Bürgermeister Götz das Personalressort selbst führen, schon bisher war ihm allerdings auf Grund des Grazer Stadtstatutes in Personalfragen eine ziemlich starke Position gegeben. Hinsichtlich des Finanzressorts wird die Variante diskutiert, daß es von ÖVP-Vizebürgermeister Franz Hasiba übernommen wird, was von den Sozialisten - mehr noch als der Streit um das Personalressort - als offene Kriegserklärung aufgefaßt werden könnte.

Ein kompromißloser Ausweg, der in Hinblick auf die notwendige Zusammenarbeit auf Landesebene auch für die ÖVP nicht von Nachteil wäre, könnte darin bestehen, daß die Sozialisten das Finanzressort behalten, von der Koalition aber in ein relativ enges Finanzkorsett gesteckt werden. Abgesehen von den beiden genannten Ressorts wird es kaum größere Veränderungen geben.

Zur Bürgermeisterwahl wird es voraussichtlich schon am 15. März im Grazer Gemeinderat kommen (das Stadtstatut ließe einen Spielraum bis Ende März zu). Zuvor werden die zuständigen Parteigremien die dafür notwendigen Beschlüsse fassen. Obwohl die Sozialisten, mit dem an ÖVP-Hasiba gerichteten taktischen Angebot, ihn zum Bürgermeister zu wählen, bereits eindrucksvoll abgeblitzt sind, ist es denkbar, daß Hasiba am 15. März noch einmal von den Sozialisten als Bürgermeisterkandidat aufgestellt wird. Die Grazer SPÖ möchte damit, bevor sie den bedingungslosen Kampf gegen die Koalition aufnimmt noch einmal die ÖVP auftragsgemäß in eine schwere Verlegenheit bringen.

In der Realität ist der Zug längst abgefahren: Wie vor fünf Jahren wird Götz mit den Stimmen der ÖVP zum Bürgermeister gewählt werden: diesmal sogar ohne Fragezeichen, denn 1973 widersetzte sich der damalige Gemeinderat Eduard Pumpernig (ÖVP) der Götz-Wahl, was deshalb eine große Gefahr für die Polit-Strategen bedeutete, weil die Koalition nur über eine Stimme Mehrheit im Gemeinderat verfügte. Heute jedoch steht es 32 : 24 für die Koalition.

Die FPÖ, der laut Wahlergebnis vom 29. Jänner drei Stadtsenatsmitglieder (ebenso wie der ÖVP) zustünden, wird zugunsten der ÖVP auf einen Stadtrat verzichten. Die Freiheitlichen selbst werden ÖVP-Kulturstadtrat Dr. Heinz Pammer vorschlagen. Pammer hat 1973 das Kulturressort von der Sozialistin Anni Puschnik übernommen und seither eine von allen Seiten gleichermaßen anerkannte Kulturarbeit für Graz entwickelt. Unter dem Eindruck dieser Kulturpolitik, die progressive genauso wie konservative Kräfte für Graz zusammenspannte, hat sich auch nach der für die ÖVP wenig erfolgreichen Wahl vom 29. Jänner eine Initiative zahlreicher Grazer Bürger gebildet, die sich dafür einsetzte, daß die Volkspartei das Kulturressort nicht an die FPÖ abtritt. Etwa unter dem Motto: „Wenn uns die Kulturpolitik nicht unterscheidet - was dann?“

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