6772414-1969_08_05.jpg
Digital In Arbeit

Trend abzulesen

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Herr Landeshauptmann, Salzburg ist für sein gutes politisches Klima bekannt. Der Ausdruck „Salzburger Klima“ ist ein Fachausdruck für sogenannte gute Zusammenarbeit geworden. Nun fiel es bereits beim Wahl-kampf für die Wahlen in den Stadtsenat und in den Gemeinderat von Salzburg auf, daß dieses gute Klima schlechter geworden ist. Auf Bundlesebene soll ebenfalls — so entnahm man jedenfalls gewissen Pressemeldungen — in der letzten Zeit eine gewisse Verschlechterung eingetreten sein. Glauben Sie an dieses gute Klima in Salzburg noch? STEINOCHER: Woher der Name „Salzburger Klima“ in der politischen Landessprache gekommen ist, ist mir nicht ganz klar. Meiner Meinung nach hat er seine Ursache darin, daß in Salzburg keine Partei die Mehrheit hat, so daß zwangsläufig immer wieder ein Kompromiß gesucht werden muß — und wir waren so weit, daß wir kaum einmal in wirklich ernsten Beschlüssen und Fragen zu Mehrheitsbeschlüssen gekommen sind. Daraus leite ich ab, daß man zum Wort „Salzburger Klima“ gekommen ist. FURCHE: Sie würden also von sich aus sagen, daß das „Salzburger Klima“ schlechter geworden ist, da es zu schärferen politischen Auseinandersetzungen gekommen ist. Führen Sie das darauf zurück, daß auf Bundesebene Ihre Partei nicht mehr in der Regierung vertreten ist?

STEINOCHER: Die Frage, ob sich die Bundespolitik hier auswirkt,würde ich nicht mit einem klaren „Ja“ beantworten. Wir haben uns in Salzburg immer bemüht, die Salzburger Fragen sachlicher zu behandeln. Aber irgendwie weht auch der Bundeswiind mit herein und führt zu Verschärfungen. Es haben auch einige Bundesfragen und bundespoliitische Angelegenheiten die Salzburger Politik mit beeinflußt, was natürlich zu Auseinandersetzungen führen mußte. FURCHE: Eine Frage, die ebenfalls mit Bundesangelegenheiten zusammenhängt: Werden Sie Ihre Wahlkampfführung mehr auf einen Angriff auf die Alleinherrschaft der ÖVP oder gegen den im Amt befindlichen Landeshauptmann richten?

STEINOCHER: Wir werden unseren Wahlkampf nicht gegen jemanden richten, sondern wir werden unseren Wahlkampf mit unseren Leistungen in der Landespolitik in erster Linie führen und wir glauben, daß wir befähigt sind, unsere Leistungen hervorzuheben.

FURCHE: Ihre Partei hat aber erklärt, daß das Wahlziel diesmal der Landeshauptmann sei, also die Mehrheit im Salzburger Landtag. Glauben Sie nicht, daß es trotz Ihrer Leistungen schwer sein wird, den in Salzburg und auch wegen seiner Leistungen über das Bundesland hinaus anerkannten Landeshauptmann praktisch zu stürzen? STEINOCHER: Es ist ein legales Recht und sogar die Pflicht jeder Partei, sich zu bemühen, die Führung im Land zu bekommen. Darum werden wir streiten, das heißt nicht, daß wir die Mehrheit bekommen müssen, es genügt ja schon die relative Mehrheit. Die Salzburger Landesverfassung ist ja klugerweise so gestaltet, daß es faktisch nur der stärksten Partei möglich ist, den Landeshauptmann zu stellen.

FURCHE: Das Wahlziel ist also der Landeshauptmann? STEINOCHER: Zweifellos. FURCHE: Würden Sie die Landtagswahlen in Salzburg auch als Trendwahlen für die Bundesangelegenheiten ansehen? STEINOCHER: Sicherlich es ist so, daß wir wieder die ersten in diesem sogenannten „kleinen Wahljahr“ sind und alles mit großer Aufmerksamkeit die Vorgänge in Salzburg beobachtet; zweifellos wird man für die Bundeswahlen einen Trend abzulesen versuchen.

FURCHE: Wir glauben, daß die SPÖ in den nächsten Jahren mit einem sehr schwerwiegenden Problem zu kämpfen haben wird: dem Nachfolgeproblem.

STEINOCHER: Landesrat Kaut scheidet aus, weil er in den nächsten Monaten das 65. Lebensjahr überschreitet und nach unseren Statuten eine Kanditatur nicht mehr möglich ist. Als Mitglied der Landesregierung könnte ihm zweifellos eine Ausnahmegenehmigung gegeben werden, das hängt von der Ressortverteilung, die nach den Wahlen ausgehandelt wird, ab. Landesrat Weißkind war sehr krank, er ist jedoch heute bereits wieder so aktiv, daß er seine Amtsgeschäfte übernommen hat — vor kurzem war er 55 Jahre alt geworden und ist unser ältester Kandidat auf der Liste. Die Entscheidung liegt bei ihm selbst, ob er weiterhin die Kraft und Gesundheit hat, im Amt zu bleiben. Wir haben aber auch sonst genügend Nachwuchskräfte, nicht nur aus der Liste der Landtagsabgeordneten. FURCHE: Noch einmal zu Bundesfragen: Werden in den Salzburger Wahlkampf auch Bundespolitiker eingreifen?

STEINOCHER: Zweifelos. Unser Herr Parteivorsitzender und auch einige andere sehr bekannte Bundespolitiker, wie Minister a. D. Czettel, Gratz und andere, werden nach Salzburg kommen. FURCHE: Fürchten Sie nicht, daß der Olah-Prozeß dazu beitragen könnte, sich auf den Salzburger Wahlkampf ungünstig für die SPÖ auszuwirken? STEINOCHER: Dieser Prozeß ist zweifellos für uns nicht günstig — vor allem nicht der Termin. Ich möchte dazu aber sehr eindeutig sagen: Wir Sozialisten haben diese Frage, soweit sie von uns als Partei zu klären war, sofort geklärt, als feststand, daß Unrechtmäßigkeiten vorgekommen waren. Wir haben die Sache auch sofort geklärt und Olah aus der Partei ausgeschlossen. Es ist eben so, daß in einer großen Gemeinschaft auch Menschen unter Umständen eine Funktion bekommen, denen sie nicht gewachsen sind.

FURCHE: Angenommen, die ÖVP würde die Mehrheit erhalten, würden Sie Lechner als Landeshauptmann akzeptieren? STEINOCHER: Wir stehen grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß die Partei, die eine Position zu besetzen hat, das Vorschlagsrecht hat. Wenn also nicht besonders gravierende Momente auftreten sollten, werden wir das Vorschilagsrecht der anderen Parteien respektieren.

FURCHE: Sie würden nach wie vor für eine gesetzesmäßig festgelegte Zusammenarbeit plädieren, auch wenn Sie an die Spitze der Landesregierung berufen würden?

STEINOCHER: Wir werden uns dabei an die Landesverfassung halten, die ja diese Zusammenarbeit festlegt.

Das Gespräch mit Landeshauptmannstellvertreter Steinocher führte Georg Manhardt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung