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Die nicht vorhandene Opposition

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Der Strukturwandel der letzten 20 und 30 Jahre in Oberösterreich hat aber auf der anderen Seite den Sozialisten nicht nur Vorteile, sondern auch vielerlei Schwierigkeiten gebracht, vor allem auf dem Wohnungssektor, wo etwa die Bevölkerung von Linz mit seinen vielen, schönen und natürlich auch teuren Neubauwohnungen die Wohnverhandlungen beim Bund oder die Verteilung der Wohnbaumittel mit ganz anderen Augen sieht als etwa die Wiens, und wo die Wahlergebnisse die SPÖ trotz allen Einsatzes schon lange nicht mehr befriedigen.

Die Freiheitliche Partei nennt der Landes- und Bundesparteiobmann Peter im Landtag gern die „Opposition des Hohen Hauses“, ein» zweifellos unrichtige Behauptung, denn die oberösterreichische Landesverfassung kennt, übrigens wie die fast aller übrigen Bundesländer, nur eine totale Proporzregierung und die FPÖ hat eben nur das Pech, vier statt fünf Abgeordnete im Landtag sitzen zu haben, sonst wäre sie, wie schon einmal der seinerzeitige VdU, automatisch mit einem Regierungssitz bedacht worden. In dieser Situation hat die FPÖ im oberösterreichischen Landtag tatsächlich kaum eine Bewegungsfreiheit, sie ist nicht Opposition, darf aber auch nicht mitregieren, auch wenn sie in den Ausschüssen wohlwollend und über das Soll bedacht worden ist. Aber nicht nur im Landtag, auch auf dem Gebiet der Kommunalpolitik konnten die Freiheitlichen in den letzten Jahren ihre Position nur mühselig halten, ganz gewiß aber nicht ausbauen. So muß man staunen, daß diese schmale politische Hausmacht für Peter ausreicht. Neben seinem taktischen Geschick ist es aber sicher auch der Tatsache, daß er sich bescheiden mit einem Landtagsmandat zufriedengibt, zuzuschreiben, daß er seine Position, vor allem gegenüber seinen steirischen Parteifreunden, zu halten vermag.

Die Kommunisten waren im oberösterreichischen Landtag noch nie vertreten; einer agilen Presse steht eine etwas unbewegliche Parteiführung gegenüber, die noch dazu mancherlei Schwierigkeiten mit prochinesischen Parteimitgliedern, vor allem in Steyr, hat. Vier Jahre arbeiten Landesregierung und Landtag in Oberösterreich zusammen; zwei weitere folgen noch, bis die Legislaturperiode zu Ende geht. Damit sind erst zwei Drittel der Legislaturperiode des Landtages abgeschlossen, und in aller Ruhe wurde eben, wenn auch nur mit den Stimmen der ÖVP und der SPÖ, eines der wichtigsten Landesgesetze der letzten Zeit, das Schulorganisationsgesetz, verabschiedet, das maßgeblich den Ausbau des Schulwesens in Oberösterreich beeinflussen soll. Bei allen neuralgischen Punkten, die es auch hier gab (etwa, daß dort keine Schule errichtet werden soll, wo bereits eine konfessionelle Privatschule besteht), traten die sachlichen Gesichtspunkte deutlich in den Vordergrund, wie die politischen im Hintergrund blieben. So ist das auch bei den meisten anderen Fragen. Man mutet dem politischen Partner und Gegner nichts Unzumutbares zu. Diese Situation macht es verständlich, daß es in einem Land, in dem die Volkspartei in drei der vier Nachkriegslandtage über die absolute Mehrheit verfügte, nur ein einziges Mal ein Mehrheitsbeschluß nötig war.

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