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Scheues rotes Pferd

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Mit einem letztlich doch unerwarteten Paiukenschilag begann der neu-gewählte oberösterreichische Landtag in der Vorwoche die neue Funktionsperiode: Erstmals gibt es keine Vereinbarung der Regierungsfraktionen über die Referatsaufteilung der „Landesminister“ und ihres Chefs. ÖVP und SPÖ konnten zu keiner Vereinbarung finden. Die vom Wahlschock noch immer nicht erholten Sozialisten warfen der Volkspartei nach dem Scheitern der Verhandlungen „Machtra/usch“ vor. Diesen Ton und so verhärtete Fronten hat es in Oberösterreich noch nie gegeben.

Schon die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich damit ein Stilumschwung in der Landespolitik ankündigte. Jedenfalls ist derzeit das politische Wetter in Linz, zumindest zwischen den beiden Großparteien, ziemlich eisig.

So wenig Verständnis die Oberösterreicher für harte parteipolitische Auseinandersetzungen haben, wie aus Meinungsumfragen wiederholt hervorging, so wenig wird aber auch die plötzlich so zimperliche Landes-SP verstanden. Bei der Verteilung des Aufgabenkuchens der Regierungsmitgliader agierte die VP zwar geschickt, indem sie der SP die 1967 gewonnenen, zusätzlichen Agenden wieder abnehmen wollte und zugleich unter dem zugkräftigen Argument der Verwaltungsvereinfachung eine weitere Umgliederung zu ihren Gunsten erreichen wollte.

Vor der Wahl war relativ oft davon die Rede gewesen, die aufgesplitterten Teile der wirtschaftlichen Landesförderung zusammenzuführen. Vor allem die Freiheitlichen hatten sich dafür stark gemacht. Von der VP war Zustimmung und größtes Interesse zu vernehmen. Widersprüche der Sozialisten aus der Wahlkampfzeit wurden nicht laut. Jetzt, als es um die Realisierung ging, scheute das rote Pferd und warf seinen Ressortreiter gleich selbst ab, indem die VP-Forderungen als „unannehmbar“ bezeichnet wurden.

Was nichts daran ändern wird, daß

die VP ihre Pläne durchsetzt und die Landessteine zu einem einzigen Sub-ventiomshäus für die regionale Wirtschaftspolitik zusammentragen wird. Und dies alles unter dem plausiblen Motto einer vereinfachten Verwaltung, das bei den von rationeller Bürokratie ohnedies nicht verwöhnten Bürgern nicht auf Ablehnung stoßen dürfte.

Mit dem sicherlich nicht völlig falschen Bestreben, die Landtagsmannschaft zu stärken, indem die Regie-rungsmitglieder der SPÖ ihre Mandate zurücklegen, um neuen Leuten das Nachrücken zu ermöglichen, hat man anderseits den vier Exponenten in der Regierung zugleich den Mund zugepickt — sie dürfen nach der Geschäftsordnung künftig nur noch zu Fragen ihrer Ressorts sprechen.

Das wäre an sich nicht ungewöhnlich; bei einer siegreichen Partei nämlich. Nicht aber bei den sozialistischen Verlierern im Linzer Landhaus. Gerade sie müßten trachten, daß ihre Landesräte einen neuen, erfolgreicheren Profilierungsanlauf in den kommenden sechs Jahren nehmen können; noch dazu, nachdem die Landtagssitzungen durch eine gründlich modernisierte Verfahrensordnung attraktiver und lebendiger werden dürften. Und schließlich ist selbst der SP-Spitzenmann in der Regierung, Landeshauptmannstellvertreter Fridl, von dieser Maßnahme betroffen. Ob man ihm den „Maulkorb“ absichtlich umgehängt hat, ob vielleicht nur seine Person betroffen sein sollte (aber zugleich die anderen Regierungskollegen auch gleich quasi mundtot gemacht wurden), wird nicht eindeutig zu klären sein. Das wollte man aber offenbar auch nicht, denn Fridl wurde zum Klubobmann der SP-Fraktion gewählt.

Es gibt in politischen Beobachterkreisen Oberösterreichs wsmige, die diesen Wirrwarr zu deuten vermögen. Alles deutet aber darauf hin, daß noch einige Zeit im Linzer Landhaus eine nervöse SP in einem frostigeren Politikklima agieren wird.

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