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Für eine Konzentration aller politischen Kräfte

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FURCHE: Herr Landeshauptmann, Sie haben in Wien gemeinsam mit ihrem Amtskoüegen Haslauer ein Rundfunkkonzept vorgelegt, wonach das ORF-Monopol beseitigt und ein TV-Kanal „verländert“ werden soll. Was erwarten Sie sich von einem .eigenen stet raschen, r Fern^hptögramm?

NIEDERL: Ja, wir haben ein Programm vorgelegt, das zum Inhalt hat, daß zumindest ein Kanal regionalisiert werden, ein weiterer privatisiert werden soll - ähnlich wie in England oder in der Bundesrepublik. Unser Ziel ist es, daß im Programmangebot eine weitere Berücksichtigung der Bundesländer stattfindet. Die Diskussion hat gezeigt, daß ein hohes Interesse besteht.

Unsere Länderwünsche bedeuten aber nicht, das möchte ich ausdrücklich sagen, daß wir einen Landesregierungsrundfunk wollen. Die Landesintendanten sollen vielmehr in ihrer Programmgestaltung unabhängig von den Zentralstellen sein.

FURCHE: Sind Sie derzeit also mit der Berücksichtigung der Bundesländer im ORF-Programm nicht zufrieden?

NIEDERL: Es wird derzeit von den Zentralstellen bestimmt, was regional gesendet werden soll, was nicht immer zur Zufriedenheit der Seher und der betroffenen Bevölkerung ausfällt. Ich denke an die Regionalsendung, die hier in der Steiermark einmal über die Ramsau gemacht wurde. Das hat helle Empörung verursacht. Auch über die Soboth und das Grenzland wurde eine Sendung gemacht, die zu einiger Aufregung geführt hat.

FURCHE: Seit Jahren kämpfen die Steirer in Wien um einen zügigeren Ausbau der Autobahnen. Wie geht es derzeit mit dem Autobahnbau in der Steiermark voran?

NIEDERL: Ja, ich möchte , sagen, daß diese Fehde eigentlich begraben ist. Für uns sind die Phyrnautobahn und die Südautobahn sehr wichtig: Einerseits die Pyhrnautobahn für den ganzen Gastarbeiterverkehr und den Schwerverkehr, anderseits die Südautobahn zur Verbindung des Wirtschaftsdreiecks Wien-Linz-Graz. Ich selber habe auch Gespräche geführt mit Unternehmern im weststeiri-schen Raum - etwa mit der Glasindustrie -, die großes Interesse haben, näher an die Donau zu rücken, da sie sehr frachtintensiv arbeiten. Wir haben nach jahrelangen Verhandlungen zustandegebracht, daß in einer gemeinsamen Finanzierung zwischen Bund und Land die Süd- und die Pyhrnautobahn im Ausbau vorgezogen werden. Das Land Steiermark muß etwa 1,5 Milliarden Schilling dazuzahlen. Das wird es möglich machen, daß bis Mitte der achtziger Jahre, zwischen 1983 und 1985, die wesentlichen Teile dieser beiden Autobahnen ausgebaut sein werden.

Bei der Pyhrnautobahn sind es die Strecken von Rottenmann bis etwa Gaishorn, dann von Traboch beginnend über die Gleinalm herunter bis Graz-Nord. Derzeit in Bau ist ja planmäßig der Abschnitt Graz-Süd bis Gralla bei Leibnitz. Bei der Südautobahn werden es die Strecken nördlich von Hartberg bis Hz und die Umfahrung Gleisdorf sein.

FURCHE: Es war ja einmal die Rede davon, daß auf der Südautobahn auf den Strecke^ über Wechsel und Pack eine Maut eingehoben werden soll. Kommt diese Maut?

NIEDERL: Der Finanzminister war vor etwa drei Wochen bei mir in Graz. Wir haben über die Maut auf der Pyhrnautobahn verhandelt, wobei wir unseren Standpunkt befriedigend durchsetzen konnten. Das heißt für den Gleinalmtunnel werden 90 Schilling pro Pkw öder 450 Schilling für den Zehnerblock eingehoben. Auf der Südautobahn wird es überhaupt keine Maut geben.

FURCHE: Der Finanzminister hat in den letzten Jahren einige Steuerquellen erschlossen, an denen die Länder und Gemeinden keinen Anteil haben. Was ist die Antwort der Steirer auf diese Vorgangsweise?

NIEDERL: Vor kurzem hat sich die Landeshauptleutekonferenz in Eisenstadt mit Fragen des Finanzausgleichs befaßt. Eines der Argumente aus der Sicht der Landeshauptleute war eben.

daß die Beteiligung der Länder und Gemeinden an den vom Bund zusätzlich geschaffenen Abgaben von insgesamt 17,5 Milliarden Schilling bisher nicht erfolgt ist. Wir fordern eine Bereinigung im Rahmen des neuen Finanzausgleichs. Ich möchte ganz offen sagen, wir streben natürlich einen paktierten Finanzausgleich an, aber das kann nicht soweit gehen, daß wir vollkommen abmontiert werden.

Insbesondere fordern wir, daß der Finanzausgleich an das Forderungsprogramm der Bundesländer angeglichen wird. Die Länder und Gemeinden haben neue Aufgaben übernehmen müssen, zum Teil als sogenannte freiwillige Leistungen an den Bund; dann denke ich an die Berücksichtigung der anerkannten Bundesverpflichtungen gegenüber den Ländern im Krankenanstaltenwesen - ich bin auch gegen die angeblich geplante massive Erhöhung der Zweckzuschüsse auf diesem Gebiet, das hieße willkürliche Zuteilungen der einzelnen Ministerien an die Bundesländer.

Dann gibt es eine Reihe von zusätzlich den Ländern übertragenen Aufgaben wie im Gewerberecht, bei den Krankenanstalten, der Strahlenschutz, die Tierseuchenvorkehrungen; und dann haben wir vermehrte Landesaufgaben, wenn ich an die

Raumordnung denke oder an den Umweltschutz.

FURCHE: Herr Landeshauptmann, welches sind die wichtigsten Initiativen, die die steirische Landespolitik in der noch ein Jahr lang laur fenden Legislaturperiode gesetzt haben wird?

NIEDERL: Wir haben eine ganze Reihe wichtiger Initiativen gesetzt: das Landwirt-schaftsförderungsgesetz, das Mittelstands- und Industrieförderungsgesetz, das Distriktärztegesetz, ein neues Naturschutzgesetz, das Sozialhilfegesetz, das Ortsbildgesetz, eine Novelle zur Lan-deswohnbauförderung sowie die gesetzliche Verpflichtung zur Errichtung von Kinderspielplätzen. Wir haben die größten Teile des Modell Steiermark erfüllt.

FURCHE: In der Steiermark wird seit einiger Zeit über eine neue Regelung für die Einkommen der Primarärzte heftig diskutiert. Wie stehen Sie zu diesem Problem?

NIEDERL: Wir haben die dritte Krankenanstaltengesetznovelle durchberaten. Bezüglich der besonderen Gebühren der Primarärzte sind wir der Meinung, daß eine gerechtere Lösung als bisher gefunden werden soll.

Wir haben ja bestehende Verträge, und es ist die Frage, inwieweit Ubereinkommen zur Abänderung dieser Verträge getroffen werden können. Auf der anderen Seite haben wir bereits eine Reihe von Verträgen mit Ärzten, die sich freiwillig einer gerechteren Regelung unterworfen haben.

Ich möchte nur sagen, das ganze Problem ist ja weniger die Schuld der Primarärzte, die höhere Einkommen haben, sondern das ist dadurch entstanden, daß man die Spitalsorganisation nicht laufend überprüft hat. Wenn die Bettenanzahl gestiegen ist, so sind damit automatisch auch die Sondergebühren gestiegen. Dieses Problem ist auch der Grund, warum wir unsere Spitäler in selbständige Wirtschaftskörper verwandeln wollen; der ganze Betrieb, die ganze Organisation soll selbst verwaltet werden.

FURCHE: Herr Landeshauptmann, nächstes Jahr gibt es auch Nationalratswahlen. Wird es nach diesen Wahlen eine kleine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ geben, soll es überhaupt eine solche Koalition geben?

NIEDERL: Ja, das kann man vor den Wahlen überhaupt noch nicht beurteilen. Meiner Meinung nach muß jede Partei offen sein für alle Möglichkeiten, wobei ich persönlich ja das Modell der

Konzentrationsregierung vertrete. Danach sollen alle politischen Kräfte, sofern sie im Nationalrat über eine bestimmte Stärke verfügen, auch an der Regierungsverantwortung beteiligt werden. Das ist in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten und Probleme nach wie vor aktuell. Für mich persönlich ist auch wichtig, das verhindert wird, daß die Sozialistische Partei durch eine absolute Mehrheit weiter allein regieren kann.

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