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Autobahnen für vier Millionen österreicher

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Hätten wir die Möglichkeit, daß jeder an seinem Wohnort einen Arbeitsplatz fände, daß die wichtigsten Nahrungsmittel und Konsumgüter im näheren Umkreis erzeugt werden könnten, daß in der Nähe jedes Wohnortes ausreichend Erholungsraum und Möglichkeit zur Bildung und kulturellen Betätigung bestünde, wären wir um viele Sorgen ärmer und die Verkehrsprobleme wären längst gelöst. Weil diese ideale Vorstellung aber leider nicht der Wirklichkeit entspricht, weil Tausende und Abertausende täglich von ihrem Wohnort in einen anderen Ort pendeln müssen, weil bestimmte Güter nur in bestimmten Orten erzeugt werden können, und weü der Wohnort leider oft wirklich nicht zu einem erholsamen Spaziergang einladet, sind wir alle ständig unterwegs und werden Waren permanent von einem Ort zum anderen transportiert. Ja, es geht sogar soweit, daß Arbeiter aus dem Südosten Europas in Karawanen nach Westeuropa ziehen und dort in den Fabriken Waren produzieren, die dann im internationalen Transitverkehr wieder in ihr eigenes Land zurückgeführt werden.

Weü es keine Möglichkeit gibt, die Orte räumlich näher zusammenzubringen, wohl aber die zeitliche Entfernung verkürzt werden kann, brauchen wir leistungsfähige Verkehrswege.

Für Ostösterreich, das vom „Industriedreieck Wien - Graz - Linz” geprägt wird, bedeutet das die Notwendigkeit des Baues von Autobahnen. Vorhanden ist ja derzeit bekanntlich mit der Westautobahn nur eine Seite dieses Dreiecks, während der Bau der beiden anderen Seiten, der Pyhm- und Südautobahn, immer dringlicher auf seine Realisierung wartet.

Nicht nur wir Steirer, sondern vier Milhonen Menschen, die im Bereiche des ostösterreichischen Industriedreiecks leben, brauchen diese Autobahnen, vor allem auch im Hinblick auf die nahe Fertigstellung des Rhein-Main-Donaukanals.

Die beiden steirischen Autobahnen werden aber auch für eine Entlastung der Mur-Mürz-Furche vom Durchzugsverkehr dringend benötigt. Die Gleinalmautobahn wird bei ihrer Verkehrsfreigabe um die Jahreswende 1978/79 ebenso zu einer Verkehrsverlagerung führen, wie die Freigabe des Packüberganges um das Jahr 1983. Besonders diese öffhung eines Venti- les in der derzeitigen Barriere der Ko- ralpe zwischen der Steiermark und Kärnten wird durch den Verkehrsverlagerungseffekt von der ehemaligen Bundesstraße 17 auf die Südautobahn für die Wechsel-Bundesstraße unlösbare Probleme bringen, wenn nicht raschestens mit dem Südautobahnbau in der Oststeiermark, insbesondere im unzureichend ausgebauten Abschnitt „Gleisdorf - Hartberg” begonnen wird.

Einige wichtige Abschnitte konnten wir bereits ausbauen, so die Pyhmau- tobahn zwischen Graz und Weitendorf bei Wüdon und die Südautobahn von Gleisdorf über Graz bis Mooskirchen. Wichtige Abschnitte sind auch in Bau, wie etwa die Gleinalmautobahn, die die Strecke zwischen Graz und Linz um 30 Küometer verkürzen wird, der Selzthaltunnel, mit dem endlich die noch immer vorhandenen Bahnschranken auf der „Gastarbeiterroute” ausgeschaltet Werden können, der Abschnitt zwischen Weitendorf und Leibnitz auf der Pyhmautobahn, sowie die Südautobahnverbindung von Mooskirchen über den Packsattel in Richtung Klagenfurt und weiter nach Italien.

Nur zeigt uns die Entwicklung des Verkehrsaufkommens, gerade auf unseren beiden steirischen Hauptverkehrsrouten, daß die finanziellen Möglichkeiten des Bundes für den Ausbau der Autobahnen weit hinter dem Verkehr Zurückbleiben.

Seit dem Jahre 1970 betreibt die Bundesstraßenverwaltung im ganzen Bundesgebiet ein Netz von automatischen Verkehrszählstellen. Die weitaus größte Verkehrszunahme in

Österreich wird auf den Zahlstellen Wald am Schoberpaß (Pyhmroute) und Seibersdorf auf der Wechsel- Bundesstraße (Südautobahnroute) registriert. Die Zunahme des Verkehrsaufkommens vom Jahre 1970 bis 1975 beträgt auf dem Schoberpaß 64 Prozent und auf dem Wechsel sogar 70 Prozent Das ist einsame Spitze von ganz Österreich. Wie extrem diese Werte sind, zeigt die Tatsache, daß im selben Zeitraum der Durchschnittswert für die Verkehrszunahme auf allen österreichischen Verkehrszählstellen mit nur 28 Prozent (!) festgestellt wurde.

Dieser nüchternen Tatsache Rechnung tragend, hat auch die Bundesregierung in der Regierungserklärung vom 5. November 1974 zum Kapitel Straßenbau nur zwei Straßenverbindungen in Österreich wegen ihrer besonderen Priorität namentlich erwähnt, und zwar die Südautobahn und die Pyhmautobahn.

Obwohl es immer klar sein muß, daß der Autobahnbau nach der Bundesverfassung eine ausschließliche Aufgabe des Bundes ist, haben wir, an der Spitze Herr Landeshauptmann Dr. Friedrich Niederl, wiederholt die Bereitschaft des Landes Steiermark bekundet, für die Südautobahn genauso finanzielle Belastungen zu tragen wie für die Pyhmautobahn, wenn dadurch eine wesentliche Beschleunigung des Ausbaues erreicht werden kann.

Es wurde eine Reihe von Konzepten für eine Vorfinanzierung der steirischen Autobahnen detaüliert erstellt, sowohl von unserer Landesbaudirek- tion als auch vom Finanzministerium und Bautenministerium. Die konkreten Gespräche auf Beamtenebene zwischen dem Land Steiermark und den beiden Ministerien lassen uns hoffen, daß es möglichst bald zu den notwendigen abschließenden Vereinbarungen auf politischer Ebene kommen kann.

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