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Strada dell’Austria

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Sieben Millionen Österreicher verfügen heute bereits über mehr als eine Million Kraftfahrzeuge. An guten Autobahnen und Straßen ist heute jedermann interessiert. Das war nicht immer so. Man erinnert sich noch recht gut der seinerzeitigen sozialistischen Kampagne gegen den Beginn des Autobahnbaues, der von der SPÖ in völliger Verkennung der Verkehrsentwicklung 1953 als gar nicht dringlich herausgestellt wurde. Ja, die Sozialistische Partei bezeichnete den Beschluß, den Autobahnbau in Österreich aufzunehmen, als einen Wahlschlager der ÖVP, der gar nicht realisiert werden könne.

Später erkannte man auch in der SPÖ diesen fatalen Irrtum und bemühte sich dann jahrelang, die Bauleistungen auf diesem Gebiet herabzusetzen. Schließlich war es ein von der ÖVP verwaltetes Ministerium, das dafür verantwortlich zeichnete. Das Wort vom „Fleckerlteppich“ charakterisierte diese von parteipolitischem Konkurrenzbedürfnis getragene Propaganda, obwohl jedermann wußte, daß man in der ganzen Welt einen Autobahnbau nur stückweise durchführen kann und vor allem das Konzept des zuständigen Bundesministeriums darauf ausgerichtet war, die verkehrsmäßig am meisten belasteten Teilstücke vordringlich gebrauchsfertig zu machen. Daß die österreichischen Autobahnen schließlich zu den modernsten und bestgebauten wurden, ist heute allen europäischen Autofahrern, die jemals diese Stücke befuhren, längst klargeworden. Als daher auch die unsachliche Kritik in nichts zerfiel, benützte man einen Bericht des Rechnungshofes, um mit vielen Kritiken über die finanziellen Erfordernisse des Autobahnbaues neuerlich das sozialistische Mißvergnügen mit einer der großartigsten österreichischen Bauleistungen nach 1945 zum Ausdruck zu bringen. Eine stundenlange Debatte im Plenum des Nationalrates schuf auch hier restlose Klarheit mit eihem iff der öffentlichen Diskussion nicht häufigen Erfolg, indem selbst die parteiunabhängige Presse, die diese Kritik teilweise sehr hochgespielt hatte, nachher feststellen mußte, daß die Debatte eindeutig zugunsten des kritisierten Ressorts ausgegangen sei. Damit war ein wenig erfreuliches Kapitel abgeschlossen und — Hand aufs Herz! — heute lobt jeder Autofahrer die österreichischen Autobahnen.

Das lokale Mißverständnis

Neben diesen unsachlichen gibt es aber ein sehr sachliches Interesse am Autobahnbau, das die lokalen Behörden und die Bevölkerung sehr interessiert. Es ist die oft schwierig zu lösende Frage der Trassenführung. Hier spielen die Fragen des wirtschaftlichen Aufschlusses eines Gebietes durch einen Straßenbau, Arbeitsplatzprobleme und anderes mehr eine bedeutsame Rolle. Aber gerade bei dieser Frage gibt es in Wirklichkeit immer nur eine beste Lösung. Die Autobahn ist dazu da, um eine verkehrspolitisch günstigste Lösung zu erzielen. Der erste Grundsatz ist die Forderung einer möglichst kurzen und raschen Verbindung. Dann aber sind die geologischen und witterungsbedingten Verhältnisse zu berücksichtigen und schließlich die Kosten zweier oder mehrerer möglicher Linienführungen abzuwägen. Erst eine gegenseitige Abwägung aller dieser Erfordernisse ermöglicht eine richtige Entscheidung, die dann noch schwieriger ist, wenn etwa auch Fragen der Landschaftsgestaltung berücksichtigt werden müssen. Letzteres spielt zum Beispiel eine Rolle bei der Entscheidung über die Führung der Autobahntrasse im Bereich von Bregenz. Hier bieten sich etwa vier Möglichkeiten an: Die sogenannte Seetrasse, durch die die Stadt noch mehr als durch die bestehende Eisenbahnlinie vom Seeufer abgeschnitten würde, die Untergrundtrasse, die rein bautechnisch und vor allem durch die damit notwendige Verlegung der Eisenbahntrasse außerordentlich kostspielig ist, die Hangtrasse, die wiederum aus geologischen Gründen besondere bautechnische Schwierigkeiten aufweisit, und die Tunnelstraße mit den für einen Autobahntunnel erforderlichen sehr hohen Baukosten.

Dem Vernehmen nach soll nun im Bautenministerium für die Südautobahn schon eine Entscheidung gefallen sein, indem man sich bei der Wahl zwischen der sogenannten Burgenland- und der Wechseltrasse für letztere nun endlich entschieden haben soll. Die Untersuchungen darüber wurden seit Jahren angestellt und die Argumente für die eine oder andere Trasse jeweils von der niederösterreichischen beziehungsweise burgenländischen Landesregierung geliefert. Der Bautenminister zog sich durch Bestellung eines Sachverständigenkomitees, das nun die

Wechseltrasse vorgeschlagen hat, aus der Affäre. Man kann verstehen, daß der Minister sich durch Einschaltung einer solchen Kommission aus der beiderseitigen Schußlinie zurückgezogen hat, obwohl man im Bautenministerium längst wußte, daß die Wechseltrasse in jeder Beziehung die zweckmäßigere ist.

In diesem Zusammenhang sei auch ein kritisches Wort zu dem, wie schon erwähnt wurde, verständlichen Interesse der lokalen Behörden gesagt. Der Wert einer Autobahn für die wirtschaftliche Aufschließung eines Gebietes liegt in Wirklichkeit weit unter dem einer normalen Bundesstraße, weil die

Anschlüsse einer Autobahn an das normale Straßennetz aus finanziellen und Verkehrssicherheitsgründen nur in größeren Abständen gebaut werden können, während eine Bundesstraße eine echte Kommunikationsader für den Verkehr an allen Punkten darstellt. Ferner ist es auch von untergeordneter Bedeutung, ob die Zufahrt zu einer Autobahn um fünf Kilometer länger oder kürzer ist. Das aber dürfte im Durchschnitt die Differenz zwischen der Wechsel- und der Burgenlandtrasse sein. Gerade im Burgenland sieht man deutlich, wie eine Bundesstraße wirtschaftlich befruchtend wirken kann. Die neue Nord-Süd-Verbin- dung (Bundesstraße 50) war und ist die wichtigste Komponente der burgenländischen Infrastruktur. Eine Autobahn etwa mit der gleichen Linienführung würde dieser Aufgabe auch nicht annähernd entsprechen können.

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