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Straßen für Menschen

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FURCHE: Das Bautenministerium baut zwar die Straßen, hat aber keine Kompetenz für eine umfassende Verkehrsplanung. Wäre es nicht besser, alle den Verkehr — auch den öffentlichen — betreffenden Fragen in einem Haus anzusiedeln?

HEINRICH UBLEIS: Dieser Gedanke wurde bei der Regierungsumbildung ventiliert, allerdings hätte dies einer Änderung des Bundesministeriengesetzes bedurft.

FURCHE: In anderen Fällen war das kein Hindernis.

UBLEIS: Im Verkehrsministerium wird gerade unter Mitarbeit meines Ministeriums an einem umfassenden Verkehrskonzept gearbeitet. Tatsächlich müssen wir m Zukunft gemeinsame Lösungen für Schiene und Straße suchen und finden. Unsere Uber-legungen dürfen sich nicht darin erschöpfen, möglichst breite Straßen zu bauen, weil eben die Mittel der Mineralölsteuer dafür zur Verfügung stehen.

FURCHE: Der ganze Unmut über die Staus auf den Transitrouten hat sich über Ihrem Haupt entladen. Fühlen Sie sich schuldig?

UBLEIS: Das Nadelöhr Villach ist auf Schwierigkeiten bei der Grundablöse und beim Anhörungsverfahren zurückzuführen. Deshalb kam es auch zu Bauverzögerungen.

Die Stau-Probleme werden aber heuer auch etwas hochgespielt. Kilometerlange Staus gab's ja immer wieder auf der Bundesstraße. Nur, daß das Verkehrsaufkommen gegenüber dem Vorjahr um fast 40 Prozent steigen würde, konnten wir beim besten Willen nicht vorausahnen.

FURCHE:Die Autobahn-Transitstrecken kosten den österreichischen Steuerzahler viel Geld, die zumeist ausländischen Benutzer leisten im Vergleich dazu einen bescheidenen Beitrag. Sollten wir nicht die reinen Transitreisenden stärker zur Kasse bitten?

UBLEIS: Nach den diesjährigen Erfahrungen auf der Tauern-Autobahn habe ich für den 12. September Vertreter der Tauern-Autobahn-AG, des Landes Kärnten und des Verkehrsministeriums zu einer Besprechung ins Bautenministerium eingeladen. Bei dieser Gelegenheit soll auch überlegt werden, wie wir diese klassische Transitroute nicht nur für den Durchzugsverkehr aktivieren, sondern welche Maßnahmen wir setzen können, um auf das Urlaubsland Osterreich aufmerksam zu machen.

Natürlich stehen auch Maßnahmen auf dem Maut-Sektor zur Debatte. Nur sind wir uns bewußt, daß jede zusätzliche Belastung der deutschen Urlauber — und um die geht es in erster Linie — zu zwischenstaatlichen Verstimmungen führen könnte.

FURCHE: Sie sind zu einer Zeit Hautenminister geworden, in der allein das Auftauchen eines Ca-terpillars Widerstand weckt. Haben Sie ein Rezept für den Umgang mit einer in Umweltfragen sensibilisierten.öffentlichkeit?

UBLEIS: Mir ist als Bautenminister, glaube ich, eines gelungen, nämlich daß jahrzehntelang anstehende Entscheidungen über Ortsumfahrungen zum Beispiel getroffen wurden — und zwar gemeinsam mit den Betroffenen.

Eines ist klar: Wir brauchen die durchgehenden Autobahnverbin-dungen. Andererseits verzichten wir mit der Novelle zum Bundesstraßengesetz von 1986 auf geplante 639 Kilometer Schnellstraßen und 35 Autobahn-Kilometer. Dafür werden Ortsumfahrungen und Lärmschutzmaßnahmen forciert.

Wir bauen die Straßen heute nicht mehr so breit wie in der Vergangenheit und beanspruchen deshalb auch weniger Grünland.

FURCHE:Bedeutet das das Ende der Priorität für das Auto?

UBLEIS: In der Vergangenheit war alles auf die Kraftfahrzeuge ausgerichtet, ohne Rücksichtnahme auf Fußgänger und Radfahrer. Wir wollen heute die Straßen nicht nur billiger, sondern auch menschlicher bauen.

FURCHE: Sie sind Sozialdemokrat und gelten als erfolgreicher Manager. Gibt es eine spezifische Art des sozialistischen Wirtschaftens?

UBLEIS: Da kann ich mich nur dem Bundeskanzler anschließen, der vor wenigen Tagen meinte, daß der „Macher“ zwar heftig kritisiert werde, ein „Nicht-Macher“ aber wohl auch nicht das Ideale sein könne.

Gerade wenn man ein Wirtschaftsministerium leitet, muß man so vorgehen wie einer, der ein Großunternehmen leitet.

FURCHE: Glaubt man denMei-nungsumfragen, dann will die Mehrheit der Österreicher eine Zusammenarbeit der Großparteien.

UBLEIS: Ich habe immer das Gespräch und den Konsens in Sachfragen in den Vordergrund gestellt. Nach den nächsten Nationalratswahlen wird man ja sehen, ob es tatsächlich allen ernst ist mit der Zusammenarbeit.

Die Menschen erwarten von den Politikern keine Streitereien und wechselseitige Diffamierungen, sie möchten den Politikern vertrauen können und erwarten von ihnen Ehrlichkeit.

FURCHE: Soll die SPÖ nach einem eventuellen Verlust der relativen Mehrheit in Opposition gehen?

UBLEIS: Man wird sicher umdenken müssen, wenn zwei Parteien wie SPÖ und ÖVP - wie's derzeit ausschaut *- in der Wählergunst ziemlich gleichauf liegen. Auf keinen Fall dürfen leichtfertige Aussagen noch am Wahlabend getroffen werden.

Mit dem Bundesminister für Bauten und Technik sprach Tino Teller.

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