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Ausbau des Verkehrsnetzes

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privaten Investition im Eigenkapital. Anders ist dies etwa bei der Errichtung von Schwimmbädern oder Skiliften, wo oft nur geringes privates oder kommunales Kapital vorhanden ist und der Großteil der Kosten durch Subventionen gedeckt werden muß. Hier wurde die steirische Fremdenverkehrspolitik zum Lenkungsinstrument eines sehr bedeutenden Teiles der steirischen Wirtschaft.

Was vor wenigen Jahren kaum noch für möglich gehalten wurde, ist heute bereits zur Wirklichkeit geworden: Der steirische Fremdenverkehr konnte den Abstand zum Fremdenverkehr der westlichen Bundesländer wesentlich verringern. Wer heute durch die Steiermark fährt, wird feststellen, daß überall der Fremdenverkehr in den wirtschaftlichen Vordergrund getreten ist und daß Orte, von denen man bisher kaum etwas gehört hat, bereits respektable Übernachtungs-lahlen von Touristen aufzuweisen haben.

Die Steiermark wurde in den letzten Jahren von einer regelrechten „Fremdenverkehrswelle“ erfaßt, deren Niederschlag am besten aus der großen Zahl von Gründungen örtlicher Frem-denverkehrsorganisaftionen zu ersehen ist sowie aus der regen Tätigkeit bereits bestehender Fremdenverkehrsvereine u. -verbände. Wenn auch die steirische Fremdenverkehrswirtschaft wahrscheinlich die Bedeutung der steirischen Industrie und Landwirtschaft nie wird erlangen können, gilt es doch, auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs alle Kräfte zu mobilisieren und die zweifellos auf diesem Gebiet vorhandenen ungenützten Möglichkeiten auszuschöpfen. Vom Standpunkt des gesamtösterreichischen Fremdenverkehrs aus betrachtet, besitzt die Steiermark unter allen österreichischen Bundesländern die größte Ausbaufähigkeit ihrer Fremdenverkehrswirtschaft und darf daher zu Recht als „Fremdenverkehrsreserve“ Österreichs bezeichnet werden.

Parallel mit den Expansionsbestrebungen der teirischen Fremdenverkehrswirtschaft gehen die Bemühungen der steirischen Fremdenverkehrspolitik, das steirische Verkehrsnetz auf Schiene und Straße fremdenverkehrsgerecht auszubauen und Anschluß an den internationalen Luftverkehr zu finden. Die Verkehrsverbindungen mit Wien und mit dem Westen Österreichs sind die Existenzstränge der steirischen Fremdenverkehrswirtschaft, und es wäre kaum möglich,“ den steirischen Fremdenverkehr intensivieren zu können, ohne die Verkehrsmöglichkeiten aus den östlichen und westlichen Fremdeneinzugsgebieten zu verbessern. Ein großer Teil dieser Verkehrsprobleme konnte durch den Ausbau der Ennstalstraße einerseits und der qualitativen Verbesserung der Semmering- und der Wechselbundesstraße anderseits bereits gelöst werden.

Die vom Eisenbahnreisenden geforderte Verkürzung der Fahrzeit zwischen Bischofshofen und Graz wird wohl erst nach erfolgter Elektrifizierung der Strecke Selzthal—Graz erreicht werden können. Die überaus lange Anfahrtszeit mit der Eisenbahn aus dem Westen nach Graz hat überdies die an die Schiene gebundenen großen westdeutschen Reisebürokonzerne trotz langjähriger Verhandlungen bisher abgehalten, außer einigen

Orten im Ennstal und Ausseerland, auch die östlichen und südlichen Teile der Steiermark in das Programm ihrer Massentouristikorganisa-tionen aufzunehmen. Es ist als großer Erfolg zu buchen, daß im Sommer 1963 erstmals die Sonderzüge deutscher Touristikorganisationen bis Graz geführt werden und daß gleichzeitig erstmals einige deutsche Autobus-Reisebüros in zweitägiger Anfahrtszeit aus Frankfurt und Berlin in Turnusreisen mehrere Orte in der Oststeiermark anfahren.

Alle Bemühungen und Anstrengungen um den steirischen Fremdenverkehr wären umsonst, würde die steirische Fremdenverkehrspolitik nicht auch ihre Grenzen im Rahmen des gesamtösterreichischen Fremdenverkehrs kennen und dementsprechend handeln. Diese Grenzen sind keine wirtschaftspolitischen oder verkehrstechnischen; sie sind gesinnungsmäßiger Art und liegen dort, wo die bisherige Natürlichkeit und Herzlichkeit in der Einstellung der steirischen Bevölkerung zum Fremdenverkehr in Gewinnsucht und die durch den Fleiß ihrer tüchtigen Bewohner aufgebaute Fremdenverkehrswirtschaft in Fremdenverkehrsindustrie ausartet. Noch besteht keinerlei Gefahr einer Überkommerzialisierung des steirischen Fremdenverkehrs, und gerade darin liegen die Zukunftschancen für die Steiermark als ein Ferienland ohne Spielkasinos und Nightclubs, aber dafür mit ungezählten Möglichkeiten, sich preiswert und doch komfortabel wirklich erholen zu können.

Wenn die steirische Fremdenverkehrspolitik den bisher erfolgreich eingeschlagenen Weg weitergeht, wird dem Fremdenverkehr der Grünen Mark, dank seiner inneren Struktur, auch in konjunkturschwächeren Zeiten eine relative Krisenfestigkeit beschieden sein. Gerade dieser Umstand dürfte bewirken, daß der Fremdenverkehr der Steiermark von Jahr zu Jahr an Bedeutung für die gesamte österreichische Volkswirtschaft gewinnt.

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