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Für eine noch bessere Auslandswerbung

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Die außerordentliche Beschränktheit der Mittel, die einer werblichen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs sehr hinderlich sind, erlaubt es nicht, bisher Versäumtes aufzuholen. Die Auslandswerbung des österreichischen Fremdenverkehrs, die von 16 hauptamtlichen Büros und mit starker Unterstützung der österreichischen Handelsdelegierten sowie einer Reihe von ehrenamtlichen Vertretern getragen wird, hat nicht nur die Aufgabe, gegenwärtige Trends durch entsprechende Werbung für Österreich zu schaffen, zu verstärken, und zu nutzen, sondern auch eine Zukunftspolitik des Fremdenverkehrs zu verfolgen. Diese Fremdenverkehrswerbung operiert als so ziemlich einzige fremdenverkehrspolitische Maßnahme einigermaßen koordiniert, wobei die österreichische Wirtschaft sich ihrer Beziehungen zum Fremdenverkehr und seiner wirtschaftspolitischen Bedeutung bewußt ist.

Die österreichische Kulturwerbung hingegen könnte im Zusammenwirken mit der touristischen Werbung verstärkte und verbesserte Gemeinschaftsmaßnahmen ergreifen.

Ein besonderes Anliegen des österreichischen Fremdenverkehrs ist sein Verhältnis zur öffentlichen Meinungsbildung, wie sie durch die Instrumente Presse, Rundfunk und Fernsehen geschieht. Dabei findet man gerade im Hinblick auf den Fremdenverkehr eine sehr unterschiedliche und in sich selbst stark wechselnde Haltung. Vom positiven bis zum negativen Pol spannt sich die Berichterstattung über den Fremdenverkehr und vor allem dessen Kommentierung.

Die Presse als ein Instrument mit großer Verantwortung für die Formung der öffentlichen Meinung ist bestrebt, die Abwicklung t des Fremdenverkehrs gesamthaft und in Einzelereignissen darzustellen. Dabei stößt sie mitunter auf Gegebenheiten und Vorfälle, die sie zur Kritik veranlassen. Die Fremdenverkehrswirtschaft wiederum wirft der Presse „Mangel an Objektivität“ vor. Es ist verständlich, daß eine derartige Erscheinung, wie sie der Fremdenverkehr in allen seinen Zusammenhängen ist, nicht nur Licht-, sondern auch Schattenseiten aufzuweisen hat, wobei diese Schattenseiten sowohl strukturell, als auch exekutiv in Erscheinung treten. Allen, die an der weiteren Entwicklung des Fremdenverkehrs interessiert sind, muß die Aufhellung der Schatten, die Eliminierung der Auswüchse angelegen sein. Diesem Anliegen wird aber am besten entsprochen, wenn die Verallgemeinerung vermieden und die konkreten Sünden wider den Fremdenverkehr gebrandmarkt werden.

Der Fremdenverkehr braucht die Publizität für die Verbreiterung der Fremdenverkehrsgesinnung innerhalb der österreichischen Bevölkerung. Jeder einzelne österreichische Staatsbürger muß sich dessen bewußt werden, daß der Fremdenverkehr zu einem sehr starken Teil an der Bewahrung des hohen Lebensstandards beteiligt ist; er muß sich aber auch der Tatsache bewußt werden, daß die Einrichtungen des Fremdenverkehrs in einer Preisstufung ihre Leistungen erbringen, die den Einkommensstufungen entspricht. Die heutige soziale Schichtung zeigt die offenkundige Erscheinung, daß die Menschen in ihren Bedürfnissen über ihre einkommensmäßigen Möglichkeiten hinausgehen. Mit anderen Worten, ein Großteil der Menschen lebt heutigentags eigentlich über seine Verhältnisse. Im Fremdenverkehr wird dies besonders deutlich. Daraus ergeben sich zwangsläufig falsche Urteile über die Preisangemessenheit, daraus ergeben sich übersteigerte Bedürfnisbefriedigung mit allen finanziellen und psychologischen Folgen. Der Fremdenverkehr ist somit zu einem beachtlichen Teil Tummelplatz des Sozialprestiges geworden, was sowohl seine Ausdehnung, wie auch seine Unruhe erklärt.

Die Fremdenverkehrswirtschaft wird sich von der Faszinierung durch die Quantität des touristischen Geschehens lösen und in die qualitative Gliederung des Marktes zurückfinden müssen. Solche Strukturprozesse sind nicht einfach und nicht von heute auf morgen in allen Phasen und Wechselwirkungen zu synchronisieren. Es wird daher auch im Fremdenverkehr immer Leistungsanpassungsunterschiede geben. Aber gerade die Leistungsanpassung bedingt den Wettbewerbsvorsprung, den ein Land erringen kann, indem es rechtzeitig und möglichst nahe an die zeitbedingten, oder besser, periodenbedingten Bedürfnisse der touristischen Nachfrage herankommt.

Österreich ist ein Beweis hierfür. Lange vor allen anderen Reiseländern erkannte es die unausbleibliche Reaktion auf die Reisehektik der ersten Entwicklungsjahre des Nachkriegstourismus und begann entsprechend frühzeitig mit der Werbung für Aufenthalt, Ruhe und Erholung. Die „Oasen der Stille“ wurden vielfach kopiert und übernommen und erfuhren ihre Bestätigung durch den Mediziner, der das Problem „Erholung“ in seiner Bedeutung für den Menschen von heute aufgreift. Es sei dankbar an die Pionierleistung des Innsbrucker Professors Doktor Hittmaier erinnert, der die medizinische „Wissenschaft vom Urlaub“ begründet und international verankert hat.

Den „Oasen der Stille“ folgten die Erholungsdörfer und die Ruheorte, die heute zu einem beachtlichen Faktor im Fremdenverkehr nach Österreich geworden sind. Die Erfolge des Fremdenverkehrs zeigen sich in den Deviseneinnahmen, die in den ersten acht Monaten dieses Jahres neuerdings bedeutend gegenüber dem Vorjahr angestiegen sind. Es scheint, als ob Österreich auch 1963 die Spitze im europäischen Fremdenverkehr halten wird. Diese Wahrscheinlichkeit soll aber nicht zu Selbstgefälligkeit und Überschwang Anlaß geben, sondern zur Besinnung und Einsicht aller, daß diese überaus empfindliche Blume im Garten der Wirtschaft gehegt und gepflegt, daß aber auch Unkraut gerodet werden muß, um alle Voraussetzungen für ein weiteres Blühen zu schaffen.

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