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Das osterreichbild im Welttourismus

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Die touristische Werbung ist wohl so alt wie der Fremdenverkehr als Begriff selbst und bildet unwidersprochen dessen unentbehrliches Adjektum. Mannigfach sind die Veränderungen, denen die Werbung in ihrer Form und in ihren Modalitäten bei der An-, spräche des geworbenen touristischen Publikums unterworfen war. Vielfältig und zahlreich sind aber auch die Träger der Werbung, denen allen nur das eine Ziel zueigen ist, zusätzliche Gäste aus dem Ausland und dem Inland primär den Fremdenverkehrsbetrieben, somit Hotels, Gasthöfen und Restaurants, des weiteren aber darüber hinaus den Verkehrsbetrieben, den Seilbahnen und Liften, der Donauschiffahrt, den kulturellen Veranstaltungen, den Festspielaufführungen zuzuführen.

Irgendwo in Österreich sind diese Betriebe gelegen, als Stätten der touristischen Umsatzerzeugung und damit als Quelle eines kommerziellen Gewinnes, der bei nunmehr rund 18 Milliarden Schilling Touristen-Auslands-Einnahmen liegt und damit ganz entscheidend, über den Betrieb hinaus, Land und Gebietskörperschaften interessensmäßig berührt.

Der Wettstreit um den aus dem Ausland geworbenen Gast ist allem vom wirtschaftlichen Standpunkt aus als eine Erklärung der Vielfalt von Werbeaktionen anzusehen, wie sie im gesamtösterreichischen Rahmen oder von den Ländern, den Gemeinden und schließlich in der Form von Einzelbetrieben und Betriebsgruppen durchgeführt werden. Der andere zwingende Grund ist die Vielfalt des gewachsenen touristischen Anbotes, das wesentlich mehr als eine Schablone von Bergen und Seen, Schlössern und Museen, Skipisten und Sportplätzen, Heilbädern und Kurorten mit verschiedensten Therapien ist. Dieses so ungemein reizvolle „höchst individuelle touristische Angebot“ wird am besten gedeihen und sich verkaufen lassen bei einer Förderung und einer Werbung, die organisatorisch und personell möglichst lokalverbunden ist und daher das Lokalkolorit zu vermitteln und dem Bodenständigen Rechnung zu tragen vermag.

Föderalismus — Vorteil und Hemmschuh

Föderalismus im Fremdenverkehr statt Zentralisierung — so heißt die jahrelang vernommene Zauberformel — allein vermag das Optimum für den Fremdenverkehr zu leisten und werbemäßig ein Gewinnmaximum herauszuholen, in liebevoller Einzelbetreuung jenes kostbaren Objektes, das sich touristisches Angebot nennt.

Für die gesamtösterreichische Fremdenverkehrswerbung ist der Verein österreichische Fremdeniverkehrswerbung zuständig, der sich zusammensetzt aus seinen elf Mitgliedern, nämlich der Bundesrepublik Österreich, den neun Bundesländern und der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Diese Institutionen werden durch Wahlmänner in den Vereinsorganen willensbildend wirksam. So wird die Generallinie für die Aktivität der österreichischen Fremdenverkehrswerbung bestimmt und die Widmung der jährlich aufzubringenden Mittel für Werbezwecke im Ausland festgelegt. Der Geschäftsführer ist das Durchführungsorgan. Nur in diesem Rahmen ist Gesamtösterreich werbemäßig vertreten. Das Image von diesem Österreich in seiner staatlich-rechtlichen Begriffsform soll auch innerhalb von Werbung und Informationsbroschüren, Plakaten, Publikationen und Vertretern bestimmt werden. 9x1 Österreich sollte nach weit verbreiteter Meinung ein brauchbares Surrogat für ein einheitliches Österreich-Image ergeben. Aber Österreich ist in seiner werblichen Aussage wohl etwas anderes als diese Aneinanderreihung von Bundesländern. Es hat seine touristische Anziehungskraft als Land der Erholung, der Kultur, des Wintersports, als Land der Lebensfreude, die sich mit vielen anderen Ingredienzien zur Atmosphäre „Österreich“ vereinigt, um nur einiges aus dem vollen Korb an Werbefaktoren zu nennen.

Werbung verlangt, um erfolgreich zu sein, immer mehr nach nüchternster Information, nach mehr Details, nicht nur über Gegend, Lage und Klima, sondern über alle Einzelpreise des touristischen Zubehörs, wie Bäder, Wanderwege, Skischulen, neben denen der Unterkunft und der Verpflegung in ihren diversen Qualitäts- und Preiskategorien. Hier schon zeigt sich die notwendige Ergänzung zwischen zentraler Werbung, die in den Rahmen der österreichischen Fremdenverkehrswerbung fällt und einer in die letzten Einzelhelten gehenden Detailinformation, wie sie praktisch gebraucht, letztlich nur von einer Gebietskörperschaft, dem Land, der Fremdenverkehrsgemeinde oder einem Betrieb, gegeben werden kann.

Wo liegen die ökonomischen Grenzen des Aktionsbereiches jeder einzelnen solchen Gruppe? Schon an Hand von Auslandsbeispielen — denn auch andere Staaten verfügen über eine auf reiche Erfahrung aufgebaute touristische Werbung — wird klar, daß Werbung im gesamtösterreichischen Bereich Sache einer Zentralstelle sein muß, daß aber ergänzend Informationen auch von anderen Werbeträgern beigebracht werden müssen. Die Notwendigkeit einer zentralen Werbung gilt in verstärktem Maße bei zunehmender Entfernung und Größe des Werbezielgebietes. In der benachbarten Bundesrepublik Deutschland, die 76 Prozenit des Ausländerfremden-verkehrs nach Österreich erbringt, vermögen die guten Kenntnisse über die österreichischen Bundesländer und Fremdenverkehrsregionen ein werbemäßiges Auftreten von einigen Bundesländern oder Gemeinden noch zu rechtfertigen. Besonders sei aber vermerkt, daß gerade in Deutschland und in Europa überhaupt, die österreichische Fremdenverkehrswerbung ein beachtenswert dichtes Netz an Vertretungen besitzt, die natürlich über alle diese Kenntnisse verfügen.

In Ubersee ist wohl primär nur eine gesamtösterreichische Ansprache naturgemäß unter Herausstellung des Typischen, das irgendwo in Österreich beheimatet ist, am Platze. Wie soll ein einzelnes Bundesland oder eine einzelne Fremdenverkehrsgemeinde oder ein Kurort werbemäßig mit Kontinenten und touristischen Großräumen konkurrieren?

Wir stehen vor dem Anbruch des Jumbo-Jet-Zeitalters, also des Einsatzes der Großraumflugzeuge mit über 300 Personen Fassungskapazität. Die touristische Umwelt hat sich wesentlich verändert. Es sind die Distanzen zusammengeschrumpft, es hat sich das internationale Angebot vervielfacht in dieser Zeit der unvermeidlichen Industrialisierung des Fremdenverkehrs, wie sie die Bildung von Mammutunternehmen auf den Hotelsektor mit Hotelketten und Reiseunternehmen kennzeichnet. In einer Zeit, in der Fluggesellschaften mit unvorstellbarer finanzieller Kraft ausgerüstet, konkurrieren und um den Markt kämpfen, sind zur konventionellen Werbung in sehr entscheidendem Maße neue Werbemethoden und -formen und neue Werbeerfordernisse dazugekommen. Es mußten sich in raschem und erstaunlichem Umfang Reisezielländer in der Werbung zu Regionen zusammenschließen, um durch Rationalisierung ihres Warbeeinsatzes ihre werbliche Schlagkraft zu erhöhen. Es wird trotz aller Lanzen, welche eingangs für den Föderalismus im Fremdenverkehr und der Werbung gebrochen wurden, auf weite Sicht eine Integrierung der Werbung für das Ausland unvermeidbar sein. Die Neubildung von Fremdenverkehrsinstitutionen, etwa in England, Dänemark und Holland, läßt erkennen, daß immer stärker Konzentrationserscheinungen auftreten. Deren Ziel ist es, durch verstärkte Dynamik in der werblichen Ansprache eine Steigerung des Verkaufserfolges für die heimatliche touristische Ware zu erreichen, die Werbeorgani-sation viel stärker mit dem touristischen Angebot zu verbinden, primär nach werblichen Gesichtspunkten.

Selbst die Schweiz faßt für Werbezwecke über kantonale Grenzen hinaus, Gemeinden und Regionen zusammen, weil es die Erfordernisse unserer Zeit eben verlangen. In Österreich würde so etwas vermutlich als eine Sünde wider den föderalistischen Geist angesehen werden.

Da mag wohl die heutige touristische Werbeorganisation von Österreich manchem als ein Anachronismus vorkommen, zumindest jenen, die die Geschichte des heutigen Österreich nicht kennen, in dem es neben den historischen Bundesländern für die meisten Teile der österreichischen Bevölkerung nur ein sehr schwaches Image eines übergeordneten Österreich gibt. So wird wohl auch der heutige finanzielle Status zu erklären sein, in dem sich die österreichische Fremdenverkehrswerbung als zentrale Werbestelle befindet.

Das Budget von 56 Millionen Schilling (von dem auch die Auslandsorganisationen erhalten werden müssen), wirkt wohl bescheiden gegenüber einem Werbebudget etwa der Schweiz, von rund 86 Millionen Schilling, von England mit mehr als 200 Millionen Schilling. Interessant ist aber sicher die Beitrags-leistung. Sie stammt zu 15 Prozent von den neun Bundesländern, bei denen nach der Verfassungsauslegung die Kompetenz im Fremdenverkehr ruht, zu weiteren 15 Prozent von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und zu 70 Prozent, also weitaus zum größten Teil, vom Bund selbst. Der reine Werbeaufwand aber, ohne Organisationskosten, für die Gesamtösterreichwerbung, liegt bei etwa 24 Millionen Schilling. Dies ist sicher wenig, weil im Vergleich dazu einzelne Bundesländer 7 oder 9 Millionen Schilling für ihre Landeswerbung aufzubringen imstande sind*

Es ist ein müßiges Rechenexempel, wie viele finanzielle Mattel durch Konzentrierung und Koordination für eine Gesamtösterreichwerbung noch gewonnen werden könnten, weil eine Lösung dieser Frage an den Pfeilern rüttelt, die nach herkömmlicher Auffassung im Sinne des föderalistischen Prinzips zu der bisher erfolgreichen Entwicklung des österreichischen Fremdenverkehrs geführt haben.

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