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Gedanken zur „Weltwoche der Werbung“

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Diese gelegentlich der International Adver-tising Conference 1951 beschlossene Veranstaltung soll den Zweck haben, den Begriff richtiger Werbung einer möglichst großen Zahl von Menschen zugänglich zu machen, vor allem aber darüber aufzuklären, -daß die moderne Werbung eines der Wittschaftsinstrumente ist, das mithilft, den auf der ganzen Linie angestrebten höheren Lebensstandard der Gemeinschaft zu verwirklichen.

Wie dies auf der rein kommerziellen Seite gehandhabt wird, darüber geben zuständige Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft während der „WELTWOCHE“ in Wort, Bild und Ton besten Bescheid; man wird von ihnen erfahren, daß die heutige Wirtschaft ohne Werbung undenkbar sei, daß richtig angewandte Werbung zur Umsatzsteigerung durch Bedarf-weckung in entscheidendem Maße beiträgt, daß dadurch erst die Erzeugung in großen Mengen und damit das Kalkulieren niedrigerer Preise ermöglicht wird. Der von österreichischen Werbefachleuten kreierte Slogan „Werbung hebt den Umsatz — hoher Umsatz senkt den Preis“ ist in seiner lapidaren Fassung eine Art Quintessenz dessen, was die Werbung, kaufmännisch gesehen, als eines ihrer wesentlichen Ziele zu leisten hat.

Moderne, zweckbestimmte Werbung hat nur mehr entfernt mit ihrer Ahnherrin, der Reklame, zu tun: zu ihrer Zeit galt als einzig richtig, daß, wer mehr und lauter trommelt und trompetet als der Konkurrent, den besseren Profit habe. Soll nur heute einer in dieser Art zu lärmen versuchen — er wird bald schmerzlich fühlen, daß sein Unternehmen auf die Dauer keinen Vorteil, vielmehr, sehr wahrscheinlich, einen empfindlichen Nachteil davonträgt.

Werbung ist zu einer subtilen Fertigkeit geworden — hier werden bewußt die in diesem Zusammenhang umstrittenen Begriffe Wissenschaft und Kunst vermieden, deren sich gute Werbung aber sehr wohl zu bedienen versteht —, ihre Handhabung erfordert eine vielfach unterschätzte, sehr große Menge gediegenen Wissens und -dazu die seltene Begabung des sich Ein-fühlenkönnens in fremde Gedankenkreise, also intuitive und wissenschaftlich fundierte Kenntnisse der Individual- und Massenpsychologie.

Ist diese Forderung schon bei der kaufmännischen Werbung Regel, so wird sie zum zwingenden Gebot, wenn es darum geht, eine Idee zu propagieren.

Hier soll die Rede von jener großen Idee sein, vielleicht einer, die den größten Ideen des letzten Vierteljahrhunderts zugezählt werden darf, der Idee von den menschlichen Beziehungen.

Es ist sehr schön, Schlagworte des Zeitgeschehens zu kennen, damit zu paradieren und darüber zu klagen, daß ihre Bedeutung in diesen oder jenen Kreisen zu wenig Beachtung und Verständnis finde — sehr, schön, aber völlig steril. Die Wortbildungen „public relations“, „industrial relations“, „innerbetriebliche Werbung“ und manche andere werden viel zitiert; sicherlich geschieht dies nicht ohne volles Bewußtsein der Bedeutung dieser Begriffe und ohne Gefühl für die hohe Verantwortung, die eine Beschäftigung mit ihnen erfordert, doch drängt sich, wohl nicht unbegtündc-t, die Vermutung auf, daß nicht in allen Fällen das richtige* Verstehen und der Wille vorhanden sind, die an sich ja leeren Wortgebilde durch die lebendige Tat auszufüllen, sie in die Praxis umzusetzen.

Wird etwa die Notwendigkeit kritisch betrachtet, daß der Gedanke der Produktivitätssteigerung in die Breite und in die Tiefe wirken muß, dann wird erkannt werden, daß hier, also auf einem mit den menschlichen Beziehungen in engstem Kontakt stehenden Gebiet, das Vorgesagte in besonderem Maße- gilt. Allmählich bricht sich die Erkenntnis der Unteilbarkeit, der unabweislichen Zweieinigkeit Bahn: technische Voraussetzungen plus der menschlichen Komponente. Wird diese nicht berücksichtigt, dann muß das Streben nach erhöhter Produktivität zu unbefriedigendem Stückwerk werden, nach außen häufig den gewünschten Erfolg zeigend — vielleicht darf gesagt werden: vortäuschend. Ein Dauererfolg ist von der technischen Seite her allein nicht zu erwarten, nicht zu verlangen. ,

Es scheint, daß immer noch auf die menschliche Komponente, auf den leider auch schon zum Schlagwort gewordenen „Faktor Mensch“ zu wenig geachtet wird. Ohne Einschaltung dieses Faktors, ohne die noch zu erarbeitende Ueber-zeugung und ethische Bereitwilligkeit aller Beteiligten in bezug auf die langst erkannte a b-solute Notwendigkeit einer Steigerung der Produktivität, also bessere Ergiebigkeit der Einzel- und Gemeinschaftsleistung, ob am Schreibtisch oder am Werktisch, ist das gewollte Ziel, besseres Dasein für alle, unerreichbar.

Die schon immer angewendeten und noch zu entwickelnden Mittel moderner Werbung, hier Werbung im höheren Sinn, müssen zur

Durchdringung dieser Ueberzeugung herangezogen werden — die Voraussetzungen dazu sind auch in unserem Lande reichlich gegeben. Hier liegt eine der vornehmsten und vordringlichsten Aufgaben der Werbeleute, hier geht es um viel mehr als wirtschaftliche Einzelinteressen, hier liegt vielleicht, pathetisch gesagt, der archimedische Punkt, von welchem aus die etwas aus den Angeln geratene Welt wieder in diese einzuhebeh möglich sein könnte. Die menschlichen Beziehungen in die richtigen Bahnen zu lenken, den Boden, dessen harte Oberfläche kein Gedeihen, auch nicht des besten Samens, erwarten läßt, aufzubereiten, ist eine Aufgabestellung, an die in erster Linie mit den verfeinerten Mitteln der Werbung heranzugehen sein wird.

• Möge die Weltwoche der Werbung 1953 einen Beitrag zu dieser Möglichkeit der Lösung eines auch für unser Land bedeutenden Problems liefern, mögen des.weiteren alle, die an dieser Arbeit, mitzuwirken berufen sind, unverzüglich damit beginnen — es ist an der Zeit!

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