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Digital In Arbeit

Zwischen Aufklärung und geheimer Manipulation. .

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Öffentlichkeitsarbeit: Vitale Notwendigkeit oder Selbstzweck? Beim Internationalen Wirtschaftsdialog in Graz versuchten Experten diese Frage zu beantworten.

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Öffentlichkeitsarbeit: Vitale Notwendigkeit oder Selbstzweck? Beim Internationalen Wirtschaftsdialog in Graz versuchten Experten diese Frage zu beantworten.

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Für einen Außenstehenden ist es vielfach nicht erklärlich, wie es zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Werbung angesichts der vielen bestehenden Gerneinsamkeiten oft noch zu gegensätzlichen Auffassungen kommen kann. Die Vertreter beider Aufgabenbereiche benötigen das gleiche technische Rüstzeug, beide bedienen sich der kompletten Medienpalette, Kreativität und Motivation sind hier wie da gefordert. Unterschiedlich ist jedoch die Zielsetzung.

Öffentlichkeitsarbeit stellt die Summe der Bemühungen aller in einem Unternehmen oder in einer Institution Tätigen dar, die darauf abzielen, dieses Unternehmen und seine Zielsetzung bekannt und transparent zu machen. Allfällige Vorurteile sollen abgebaut, gute Beziehungen zu allen in Frage kommenden Personen und Stellen geschaffen und erhalten werden.

Werbung hingegen ist im wesentlichen die Summe aller Tätigkeiten, die darauf abzielen, die Produkte bzw. Leistung eines Unternehmens bekannt zu machen und über ihren Nutzen zu informieren.

Warum es immer wieder zwischen den beiden Disziplinen zu Kontroversen kommt, scheint menschliche Hintergründe zu haben:

Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) werden oft genug als Führungsaufgabe bezeichnet - sie unterstehen auch oft direkt dem Vorstand oder Vorstandsvorsitzenden — mit dem Hinweis, daß es sich dabei um langfristige, strategische Tätigkeiten handelt. Diese entziehen sich vielfach einer meßbaren Beurteilung, weil sich auch die Rahmenbedingungen sehr rasch ändern. Somit hängen die Bemühungen um Erfolge nicht nur von den eigenen Initiativen ab.

Diese Sonderstellung der Pu-blic-Relations-Leute wird so kultiviert und erweckt gewisse Neidgefühle bei jenen in der Werbung Tätigen, die im harten Tagesgeschäft stehen und deren Absatzerfolge relativ leicht meßbar sind.

Feindliche Brüder

Diese Frontkämpfer der Werbung wollen im wesentlichen von der Öffentlichkeitsarbeit eine Unterstützung ihrer Tätigkeit und haben meist wenig Verständnis für die anderen, die sich elitärpuristisch von der Werbung und den

Werbeleuten absetzen wollen und die für sich selbst eine Art ethische Variante wirtschaftlicher Kommunikation in Anspruch nehmen möchten.

Die Unternehmens- und Institutionsleitungen sind jedenfalls weder an Spiegelfechtereien noch an Public Relations als Selbstzweck interessiert. Sie wollen wissen, was diese letztlich dazu beitragen können, um den Unternehmenserfolg zu sichern.

Die Leitmaxime der Public Relations der siebziger Jahre, „Tue Gutes und rede darüber”, war überwiegend auf „senden” abgestellt. In einer gegenüber heute fast noch heilen Welt konnte man Betreuungsobjekte fast unwidersprochen hinstellen und einem gutwilligen Publikum ans Herz legen. Diese Zeit ist vorbei Atomangst, Umweltschutz, Grünbewegungen, Arbeitsplatzangst beherrschen heute vielfach die Szene. Schwergewicht der neuen Öffentlichkeitsarbeit muß vorerst einmal die _ „Empfängerfunktion”, das „Hineinhören” in die Bevölkerung, in die verschiedenen Ziel-

_ gruppen sein, um festzustellen, wie weit die in den Medien veröffentlichte Meinung mit der tatsächlichen öffentlichen Meinung übereinstimmt. Nur gezielte Grundlagenforschung einerseits und Meinungsforschung andererseits können hier Ansatzpunkte für Strategien und Aktionen sein.

Diese Rationalität, die keinesfalls der Kreativität entbehren muß, soll auch sicherstellen, daß nicht Handlungen gesetzt werden, die sich in ihren Wirkungen gegenseitig aufheben.

Auch die Werbung hat in der Vergangenheit eine Reihe von Chancen verspielt. Wir sind im Produkt- und Leistungsbereich zunehmend in eine Phase eingetreten, in der bei weitgehend verteilten und zum Teil auch gesättigten Märkten die einzelnen Produkte oder Leistungen entweder einander immer ähnlicher oder wegen ihrer Kompliziertheit immer undurchschaubarer werden. Beispielsweise die vielfältigen Kombinationen von Sparformen, die in letzter Zeit auf den Markt gekommen sind. Sie verdanken ihre Entstehung im wesentlichen der Tatsache, daß auch ein Konkurrenzinstitut ähnliches auf den Markt gebracht hat.

Sympathie schaffen

Es gibt - um ein weiteres Beispiel zu nennen — auch kaum Prospekte über beispielsweise HiFi-Geräte, die ein Normalverbraucher, ohne Diplomingenieur zu sein, versteht. Oft hat man den Eindruck, daß Masse, Fachausdrücke und Unverständlichkeit einen Qualitätspegel vortäuschen sollen, der gar nicht gegeben ist.

Die Zukunft der Werbung wird daher wahrscheinlich eher in anderen Bereichen liegen, als in der angeblich so informativen Produkt- und Leistungswerbung.

Bekanntheitsgrad, Sympathie, Kompetenzzuschreibung, Servicequalität, Einbindung eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter in die gesellschaftlichen Wertvorstellungen, umweit-, energie-und ressourcenschonende Produktionsweisen sowie viele andere auf der gleichen Ebene liegende Kriterien werden letztlich ausschlaggebend sein.

Es wird also, wenn die derzeitigen Trends anhalten, zu einem Bedeutungszuwachs der Öffentlichkeitsarbeit zu Lasten der Werbung kommen.

Der Autor ist Direktor der Abteilung Marketing der Genossenschaftlichen Zentralbank AG und Vorstandsmitglied des Klubs 'für Wirtschaftspublizisten. Dieser Beitrag ist die gekürzte Fassung seines Vortrages jJüf-fentlichkeitsarbeit und Werbung” beim Grazer Wirtschaftsgipfel.

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