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UHU SCHÜTZT EULE

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Wenn Ihnen bei Ihrer nächsten Fotosafari durch Afrika der erstbeste Pelikan zu erklären versucht, daß er sein Überleben einzig und allein der von der bekannten Versicherung XY finanziell großzügig unterstützten Aktion „Rettet den Pelikan" verdanke, so wundern Sie sich nicht weiters: Das ist „Öko-Sponsoring", ein neuer Weg, über den die diskret genannte Versicherung ein kommunikatives Verhältnis mit Ihnen anfangen will.

Sie verstehen nicht? Kein Wunder. Beginnen wir also der Reihe nach: Schon seit vielen Jahren langweilen Sie Sportler verschiedenster Sparten damit, daß sie ihre Rennkleidungen und Geräte als Werbeflächen zur Verfügung stellen - gegen teils horrende „Unterstützungszahlungen", versteht sich; Sponsorengelder nennt man das auch. „Sport-Sponsoring" war die erste Form dieser Public-Relations-Methode und macht auch heute noch den größten Teil davon aus (siehe Seite 14).

Jüngst sind nun auch erste Ansätze für ein Sponsoring im ökologischen und sozialen Bereich zu beobachten.

Was also ist Sponsoring? Manfred Brunn erklärt es in seinem Buch über „Sozio- und Umweltsponsoring"" so: „Sponsoring bedeutet die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten, die mit der Bereitstellung von Geld-/ Sachmitteln oder Dienstleistungen durch Unternehmen für Personen und Organisationen im sportlichen, kulturellen oder sozialen Bereich zur Erreichung unternehmerischer Marketing- und Kommunikationsziele verbunden sind."

Den Unterschied zu den altbekannten Förder- und Unterstützungsformen des Mäzenatentums und des Spendenwesens macht aus, daß diese eben in keinem Zusammenhang mit etwaigen unternehmerischen Zielen der Mäzene und Spender stehen. Hingegen basiert Sponsoring sehr wohl auf dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung: Der Sponsor stellt Fördermittel zur Verfügung und verlangt im Gegenzug werbliche Mög-lickeiten oder zumindest die Nennung seines Namens als Sponsor. Diesbezügliche Vereinbarungen sind in einklagbaren Verträgen festgehalten.

Sponsoring ist damit ein Teil der integrierten Unternehmenskommunikation, also der Public Relations, und als solcher einem systematischen und zielgerichteten Planungs- und Ent-scheidungsprozeß unterworfen. Als lobenswert am Buch Brünns ist zu erwähnen, daß er von Anfang an klar auf diese untemehmensstrategischen und werblichen Aspekte des Sponsoring hinweist und uns nicht etwa vorgaukelt, daß das alles aus bloßer Uneigennützigkeit geschieht, wie es die Sponsoren selbst gerne tun.

Das Vordringen dieser Form von Unternehmenskommunikation in immer weitere und bisher davon verschonte Bereiche des gesellschaftlichen und privaten Lebens diskutiert er zwar nicht als Problem, nennt es aber immerhin gleich eingangs beim Namen - wenn auch zurückhaltend: „In vielen Bereichen hat eine Vernetzung der Freizeitgesellschaft mit der Wirtschaftskommunikation stattgefunden. Immer häufiger finden sich Marken von Produkten und Unternehmen bei aktiver Freizeitgestaltung und passivem Freizeitkonsum. Eine eindeutige Trennung zwischen Werbung einerseits und Freizeit andererseits ist immer weniger möglich."

Das Besondere und Neue am

Umwelt- und Soziosponsoring besteht nun darin, daß sich die Unternehmen hiebei öffentlich für gesellschaftspolitische Anliegen (eben Umwelt und Soziales) engagieren und damit die Kommunikation mit ihren Zielgruppen auf eine neue Ebene heben. „Das Bekenntnis zur Lösung gemeinschaftlicher Aufgaben", sagt Bruhn, „und die direkte Auseinandersetzung mit den Betroffenen wird zu einer neuartigen Facette der Untemehmenskom-munikation." Einfacher gesagt: Tu Gutes und sprich darüber!

Umwelt- und Soziosponsoring wird fast ausschließlich über die Förderung nichtkommerzieller Organisationen abgewickelt, das heißt durch die Zurverfügungstellung von Geld-, Sach- oder Arbeitsleistungen an gemeinnützige Stiftungen und Aktionen, an staatliche Einrichtungen (Krankenhäuser, Sozialämter, Ge-sundheits-, Fürsorge- und Jugendämter, Altersheime, Kindergärten), an religiöse Institutionen, an bildungspolitische und wissenschaftliche Institute, an Umwelt-, Natur- und Tierschutzorganisationen, an Menschenrechtsorganisationen und so weiter. Manche Unternehmen gründen für solche Zwecke eigene Stiftungen oder unterstützen Mitarbeiter, die sich in ihrer Freizeit in diesen Bereichen engagieren.

Bruhn nennt in der Folge eine ganze Reihe von vielfältigen Beispielen, von denen hier in subjektiver Auswahl nur einige der wichtigsten und auffälligsten erwähnt werden können (naturgemäß beziehen sie sich fast

ausschließlich auf Deutschland):

- IBM Deutschland hat ein Behindertenprogramm entwickelt, in dessen Rahmen Informationstechnik und Computerausbildung für Behinderte erarbeitet und durchgeführt werden. Darüber hinaus wurde ein Förderprogramm für Blinde entwickelt, bei dem eine Apparatur zur Umsetzung von Schrift auf Monitoren in Braille entstanden ist. Für hörgeschädigte Kinder wurde ein Programm konzipiert, das Laute auf dem Bildschirm sichtbar macht. Femer hat IBM Deutschland einen Info-Bus der Drogenhilfe unterstützt.

-Die Nixdorf AG (jetzt Teil der Siemens AG) hat in Zusammenarbeit mit der Organisation Zentral Nervengeschädigter spezielle Hard- und Software für die Behindertenarbeit entwickelt. Diese Firma unterstützt unter anderem auch das Umweltministerium von Nordrhein-Westfalen beim Aufbau von Expertensystemen und Datenbanken zur Lösung von Umweltproblemen.

- Panasonic Deutschland fördert die Multiple Sklerose Gesellschaft und die Deutsche Herzstiftung.

- Die Daimler Benz AG unterstützt zahlreiche Wohlfahrtsverbände wie die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft und die Erdbebenhilfe.

- Deutsche Krebshilfe, Deutsche Leukämiehilfe, UNICEF und andere erhalten Förderbeiträge von einer Vielzahl von Unternehmen.

- Große Unternehmen gründen eigene Stiftungen, in deren Stiftungszweck der Förderauftrag klar definiert ist. So hat die Deutsche Bank AG mit 100 Millionen DM die Stiftung „Hilfe zur Selbsthilfe" gegründet und unterstützt mit den Erträgen aus dem Stiftungskapital soziale Institutionen. Die Stiftung Volkswagen werk vergab 1987 insgesamt 167,8 Millionen DM an Förderungsgeldern, darunter 25,4 Millionen für problemorientierte Grundlagenforschung. Die Robert Bosch Stiftung GmbH ist Träger des Robert-Bosch-Krankenhauses, das sie 1987 mit 7,4 Millionen DM unterstützte. Ein etwa gleich hoher Betrag wurde zur Förderung der Völkerverständigung aufgewendet.

- Reebok unterstützte eine Menschenrechts - Informationstoumee von Amnesty International mit zwei Millionen Dollar.

- Die Deutsche Bank AG hat im Rahmen eines Debt-for-Nature-Swaps 2,8 Millionen DM über den World Wildlife Fund für Schuldentilgungen an Madagaskar zur Verfügung gestellt, das sich dafür zu bestimmten Naturschutzmaßnahmen verpflichtete - ein sehr interessantes Beispiel, das auch öffentlich stark diskutiert wurde.

- Die Finnjet-Silja-Linie unterstützt durch verschiedene Aktionen den Schutz aussterbender Robbenarten.

- Bemerkenswert aktiv im Öko-Sponsoring sind diverse Brauereien. So zahlt etwa die Firma Alpirsbacher Klosterbräu pro Hektoliter verkauften Bieres einen bestimmten Betrag in einen Fonds ein, aus dem umweltbezogene Forschungsprojekte und Naturschutzmaßnahmen gefördert werden.

- Überhaupt - und das ist eigentlich schön - scheint es hier nicht immer todernst zuzugehen: Soengagiert sich die Uhu Vertriebs GmbH für die Wiederansiedelung der gleichnamigen Eulenart. Der Hersteller des Allesklebers und seine Handelspartner finanzieren die Aufzucht von 20 Jung-Uhus durch die Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus (AZWU!). - Der Menschenwelt abgeschaut ist eine weitere Aktion von IBM Deutschland, in deren Rahmen deutschen Zoos aktiv bei der Partnervermittlung für Nilpferde geholfen wird. So wurden acht Tiergärten mit PC's ausgestattet, um die Suche nach geeigneten „Partnern" zu erleichtern.

Daneben gibt es sowohl im Bereich des Umwelt- wie des Soziosponsoring eine Unzahl von Möglichkeiten mittels der Förderung von Veranstaltungen, Aktionen, Wettbewerben, Verkaufsaktionen, Umwelt-preisen, Unterstützung von Forschungsprojekten, Forschungsinstituten und Archiven, Durchführung von

Bildungsveranstaltungen und vieles andere. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

Grenzen setzt höchstens der gute Geschmack. Die Aktionen müssen für die Zielgruppen vor allem glaubwürdig sein. Penetrahz und Aufdringlichkeit des Sponsors können dagegen eher kontraproduktiv wirken, wie zwei Beispiele zeigen sollen. Das Cirence-ster Hospital in Cheltenham (England) erhält von neun Unternehmen bis zu 50.000 Pfund Unterstützung im Jahr. Als Gegenleistung ist zu beobachten, daß die Namen von Sponsoren in die Teppichböden eingewebt sind, interne Transportmittel das Logo einer Finanzgesellschaft tragen und der Ambulanztrakt mit dem Namen einer Lebensversicherungsgesellschaft geschmückt ist.

McDonald's wiederum führte vor einigen Jahren einen „McHappy-Tag" durch, bei dem ein „Big Mäc" zu

einem Sonderpreis verkauft wurde und der Erlös an das Deutsche Kinder-hilfswerkging. Vom Bundesgerichtshof wurde diese Aktion untersagt, da sie „Teil eines zielgerichteten, planmäßigen Werbeverhaltens der McDonald's-Gruppe" darstelle, mit der die „soziale Hilfsbereitschaft der Verbraucher ausgenutzt wird".

Abgesehen von solchen verunglückten Beispielen belegt Bruhn in der Folge die relativ hohe und zunehmende Akzeptanz des Umwelt- und Soziosponsorings in der Bevölkerung und widmet sich dann einigen Fragen deruntemehmenstechnischen Durchführung, was hier jedoch von geringerem Interesse ist.

Wie ist das Umwelt- und Soziosponsoring nun allgemein zu beurteilen und was sind seine Perspektiven? Man kann darin einen Weg sehen, gewisse Mittel für die genannten Zwecke flüssig zu machen und Beiträge von Unternehmensseite zur Lösung von Problemen zu lukrieren, die sonst unter Hinweis auf Ertragslage und internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht geleistet würden. Die Kalkulierbarkeit einer Gegenleistung macht für die Unternehmen einen solchen Einsatz möglich.

Überkritische Geister könnten es natürlich ein wenig grotesk finden, wenn manche Verursacher zur Behebung der angerichteten Schäden einige kleinere Beträge für Aktionen aufwenden und sich dafür auch noch feiern lassen wollen. Schwerer wiegt jedoch, daß diese unternehmerischen Aktionen punktuell, unkoordiniert und ohne generelles Konzept erfolgen, fast zufällig je nach den spektakulärsten Aktionen - denn darauf kommt es in diesem Zusammenhang ja wohl an -, die sich gerade bieten. Daher sind diese Beträge zur Problemlösung auch nicht fix einplanbar, denn wenn sich eine zu geringe Resonanz der Aktionen ergäbe oder aufgrund verschlechterter Ertragslage keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt würden, dann fände Sponsoring eben nicht mehr oder nur noch eingeschränkt statt.

Eine spürbare Entlastung des Staates von den genannten Aufgaben kann es durch das Sozio- und Umweltsponsoring daher sicher nicht geben - das wäre auch aus einer Reihe von Gründen bedenklich. Die öffentliche Hand muß selbstverständlich weiterhin die generelle und demokratisch legitimierte Grundlinie vorgeben und auch dort tätig werden, wo man nicht durch werbliche Maßnahmen auf sich aufmerksam machen kann.

Auch von den Größenordnungen her dürfte das Sponsoring noch auf absehbare Zeit eher beschränkt bleiben. Bruhn schätzt, daß der Sponsoringanteil (inklusive Sportsponsoring) an den gesamten Werbeaufwendungen der deutschen Industrie derzeit etwa drei bis vier Prozent ausmacht und in den nächsten Jahren auf höchstens acht Prozent steigen wird. Es bleibt damit bei einer lediglich ergänzenden Funktion des Sponsoring im Rahmen der Unternehmenskommunikation. Sportsponsoring wird weiterhin den größten Anteil verzeichnen. Kultursponsoring beläuft sich derzeit auf zwei Prozent der gesamten öffentlichen Kulturausgaben und wird nur geringfügig steigen. Das Sozio-und Umweltsponsoring wird einen noch geringeren Teil zur Finanzierung der gesellschaftspolitischen Aufgaben in diesen Bereichen beitragen.

"SOZIO- UND UMWELT-SPONSORING. Von Manfred Bruhn. Verlag Vahlen, München 1990. 156 Seiten. öS 374,40,-.

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