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Raumplanung im Waldviertel

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In letzter Zeit wird immer häufiger die Ansicht vertreten, daß der Fremdenverkehr den Notstandsgebieten in Österreich helfen könnte, ihre Wirtschaftskraft zu heben. Die durch die Natur oder in der Entwicklung benachteiligten Landesteile wären, so meint man, nur dann in der Lage, die Schwierigkeiten der wenig ertragreichen Landwirtschaft und der geringen Industrialisierung zu überwinden, wenn von der Fremdenverkehrswirtschaft her kräftige Impulse ausgingen.

In diesem Zusammenhang wird erwähnt, daß gerade die schlechte Verkehrslage eine günstige Voraussetzung für den Tourismus wäre und es außerdem kaum einen Wirtschaftszweig gäbe, der nicht direkt oder indirekt von den Auswirkunden des Fremdenzustromes wirtschaftlich befruchtet würde. Die Hochtäler der westlichen Bundesländer hätten aber auch die staatspolitischen Folgen des Fremdenverkehrs zu spüren bekommen, da die jahrzehntelange Entvölkerung infolge des erhöhten Lebensstandards zum Stillstand gekommen sei.

Diese Meinungen angesehener Wissenschaftler und Wirtschaftsfachleute könnten unsere unterentwickelten Gebiete moralisch besonders stärken. Wird aber die Theorie mit der Praxis übereinstimmen?

Es ist deshalb interessant zu hören, welche Ansichten das österreichische Institut für Raumplanung bei der Fremdenverkehrsplanung für das Waldviertel vertritt. Dieser niederösterreiohische Landesteil vereinigt doch wahrlich alle charakteristischen Eigenschaften, die ein unterentwickeltes Gebiet ausmachen: Verkehrsferne, Bevölkerungsabwanderung, schlechte Naturausstattung, geringe landwirtschaftliche Produktion und wenig Industriebetriebe.

Nach den oben zitierten Ansichten der Fachleute hätte darum das Waldviertel die besten Chancen,

Fischgrätmauerung, Burgruine Schiltern, 13. Jahrhundert photo: f. Eppei durch eine intensive Förderung des Fremdenverkehrs die anderen Wirtschaftszweige — Handel, Verkehr, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft — erfolgreich zu ergänzen und damit die Wirtschaftskraft des Raumes zwischen Donau und Thaya wesentlich zu stärken.

Sehen wir einmal ganz davon ab, daß die Hilfe für das wirtschaftliche Wachstum des Waldviertels von außen kommen muß, da die ökonomische Ausgangsbasis und der Erfahrungsschatz der Bewohner für diese wünschenswerte Aufwärtsentwicklung zu schmal sind. Wird aber das so propagierte Allheilmitte Fremdenverkehr auch wirklich und reibungslos einen entscheidenden Umschwung mit sich bringen?

Die Raumplaner sind davon überzeugt, daß das Waldviertel für den Fremdenverkehr gut geeignet ist und auf diesem Gebiet wirkliche Entwicklungsaussichten besitzt. Infolge der räumlichen Streuung wird eine günstige Verteilung der verbesserten Einkommensverhältnisse zu erzielen sein. Dennoch wird man bis zum Erreichen dieses Zieles bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden haben.

Vor allem würde das Waldviertel entsprechende Dauerarbeitsplätze benötigen. Der Fremdenverkehr kann jedoch nur Saisonbeschäftigungen bieten, da sich bloß die höher gelegenen Gebiete auch für den Wintersport eignen. Der Tourismus wird also eine Ergänzungsfunktion ausüben und die Arbeitnehmer nicht das ganze Jahr hindurch beschäftigen können.

Für die Landwirtschaft kann sich durch Vermieten von Privatzimmern, den Verkauf von agrarischen Produkten direkt an die Erholungsuchenden und durch sonstige Dienstleistungen ein zusätzliches Einkommen ergeben. Dennoch läßt sich nicht verschweigen, daß dieser Vorteil für die bäuerliche Lebenslage noch nicht von allen Landwirten im erforderlichen Umfang erkannt worden ist. So steht man den notwendigen Ausgaben, die rege Gemeinden für den Fremdenverkehr leisten wollen, reserviert und uninteressiert, mitunter sogar feindlich gegenüber. Auch die Großgrundbesitzer, Jagdverbände und Bundesforste können sich für eine Intensivierung des ertragbringenden Wirtschaftszweiges nicht richtig erwärmen.

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