Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Garten der Wiener
Während in den höheren Gebirgslagen noch eifrig dem Wintersport gehuldigt wird, stecken in den steirischen Tälern bereits die ersten Schneeglöckchen und Primeln vorsichtig die Köpfe aus der Erde, um zu erkunden, ob es denn nicht schon bald Frühling werde. Zur gleichen Zeit beginnt auch in der Fremdenverkehrswirtschaft das große Reinemachen für die Frühjahrs- und Som-mersaison.
Vielfach waren die Wintermonate auch ausgefüllt mit Beratungen über die Probleme des Fremdenverkehrs, die dazu führten, möglichst allgemeine, grundlegende Tatsachen festzustellen und die künftige Arbeit im Interesse des Fremdenverkehrs zu koordinieren. Man weiß heute, daß man nicht die Fremdenzimmer hemmungslos vermehren soll; vielmehr sollte man der Qualitätssteigerung gegenüber der Quantität den Vorrang lassen.
In der Steiermark wird man die Suppe allerdings nicht so heiß essen können. Das Land ist in weiten Teilen EntwickLungsge-biet des Fremdenverkehrs und wird plötzlich zu Ferienzeiten dort und da bevölkert, weil der ruhesuchende Gast doch immer wieder ein neues, stilles Plätzchen entdeckt. Dies erfordert selbstverständlich ein Nachgehen mit den Fremdenverkehrsmaßnahmen in Richtung Quartierbestellung.
Die Steiermark bietet sich eben in all ihren Landschaftsteilen als Ferienland an. Die Lage zu Wien bewirkt es, daß vor allem die Oststeiermark geradezu zum Garten der Wiener wurde. 2,2 Millionen Fremdennächtigungen aus dem Wiener Raum, das sind zwei Fünftel der Gesamtnächtigungen der Steiermark, sprechen eine beredte Sprache. Die Werbemaßnahmen des Landes, soweit sie den Inländerfremdenverkehr betreffen, sind daher stark auf den Wiener Raum ausgerichtet. Das schöne ist, daß uns der Wiener Feriengast die herzliche Bereitwilligkeit, ihn aufzunehmen, auch wirklich glaubt, weil genug Beweise dafür vorliegen, daß die steirischen Fremdenverkehrsbetriebe zwischen Inlands- und Auslandsgast keinen Unterschied machen.
Mit dieser Einstellung glaubt die Steiermark auch einem für unsere Volkswirtschaft geradezu gefährlichen Trend des Österreichers, die Auslandsferien etwas zu übertreiben, auf natürliche und gesunde Art entgegenzuwirken. Dies müßte allerdings von allen anderen Bundesländern auch so gehalten werden. Gezielte Werbung, Disziplin und Maßhalten bei den Preisen sowie erhöhte Verbesserung der allgemeinen Fremdenverkehrseinrichtungen durch Förderung im Lande können dazu beitragen, daß das Entdecken der Schönheiten des eigenen Landes wieder mehr in den Vordergrund tritt. Immerhin gaben die Österreicher im abgelaufenen Fremdenverkehrsjahr 4,4 Milliarden an Devisen für Auslandsreisen aus. Nur 65 Prozent der österreichischen Außenhandelsbilanz finden Bedeckung durch Exporte und den Fremdenverkehr. Man sollte es dem österreichischen Staatsbürger nicht verschweigen, daß diese Entwicklung bedenklich ist.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!