Das letzte Aufleuchten der Barockmalerei

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Sakrale Kunst, vor allem in situ in Seitenstetten oder in der Stiftskirche St. Peter in Salzburg, verbindet man landläufig mit dem Namen "Kremser Schmidt". Dass Martin Johann Schmidt, der eben diesen Beinamen trug und als einer der wichtigsten Maler des mitteleuropäischen Barock gilt, zwar seinen Schwerpunkt auf Altar-und Andachtsbilder sowie religiöse Historien legte, aber auch mythologische Themen, Genremalerei und Porträts keinesfalls nur Nebenbetätigungen für ihn waren, zeigt eine Ausstellung im Oberen Belvedere, eine auf drei Räume konzentrierte "IM BLICK"-Schau mit 63 Werken.

Dabei wird schnell offensichtlich: Nicht nur im Altarbild des Heiligen Martin, einst für Kirchberg an der Pielach konzipiert und ein Herzstück der Barocksammlung des Belvedere, oder in den Andachtsbildern der Eremiten Antonius und Paulus und des Heiligen Hieronymus findet man das, was den Kremser Schmidt auszeichnet. Auch "Das Urteil des Midas","Satyrfamilie" und sogar "Der Zahnbrecher" arbeiten mit jener Technik, die Kurator Georg Lechner als "Lichtbombe" beschreibt -ein gleißender Lichtstrahl, der den Protagonisten hervorstechen lässt, ohne jedoch die Lichtquelle zu zeigen: "Das Licht erscheint wie eine Bombe, deren Effekt kurz festgehalten wird, aber die Ursache ist schon wieder weg. Dadurch wird für einen kurzen Moment etwas sichtbar gemacht, bei dem wir eigentlich gar nicht dabei sein können. Der Kremser Schmidt treibt diese Spots zum Extrem."

Der österreichische Rembrandt?

Diese charakteristische Hell-Dunkel-Technik zieht sich durch das gesamte Œuvre und hat schon zu manchem Vergleich des österreichischen Künstlers, der vorrangig in Stein bei Krems arbeitete, mit Rembrandt geführt. Kurator Lechner widerspricht dieser These zumindest teilweise: "Zwar war ihm Rembrandt sicher Inspiration, er besaß auch Werke von ihm, aber er kopiert ihn im Gegensatz zu anderen Zeitgenossen nicht. Vielmehr findet er, der in allem sehr experimentierfreudig war, eine eigene Lösung. Seine Beleuchtungstechnik ist doch anders, seine Malweise bewegter, seine Darstellungen oft brutaler."

Schmidt unterschied sich von barocken Zeitgenossen auch dadurch, dass er seine Bilder keinesfalls vollpackte oder mit unzähligen Engelsköpfen garnierte. Vielmehr ist sein Œuvre, das mehr als 1.100 Werke umfasst, oft von Intimität und Einsamkeit geprägt. Nebenfiguren sind aber, auch wenn sie auf den ersten Blick im Dunkel verschwinden, keinesfalls unwesentlich, wie Lechner beschreibt: "Was durch die Lichtregie erst wirkt, als wäre es auf wenige Figuren konzentriert, ist in Wahrheit doch eine ganze Erzählung." So kommen neben den Eremiten sehr wohl die Löwen zum Vorschein, durch den "Spot" aber gewichtet der Kremser Schmidt die Handlung.

Dies wird auch bei "Das Urteil des Midas" einen Raum weiter offensichtlich. In jenem Bild, das Schmidt 1768 die Aufnahme in die k.k. Kupferstecher-Akademie brachte, stellt das Licht Pan und Apoll in den Vordergrund.

Erst spät, im Alter von 50 Jahren, nimmt sich der Künstler auch mythologischer Themen an, beschäftigte sich in der Folge aber intensiv mit solchen und konzipierte sie als Sammlerstücke. "Er arbeitete nun auch für eine bürgerliche Klientel. Diese wollte Themenvielfalt und er kam ihrem Geschmack entgegen", sagt Lechner. Wie seine Heiligendarstellungen sind auch diese nicht abgehobene Figuren, sondern nahbarer als zuvor gemalt.

Noch später wurden ihm gar die einfachen Menschen zum Bildgegenstand. Die oft kleinformatigen Gemälde und Druckgrafiken werden bevölkert von einem bisher hierzulande weniger geläufigen Figurenrepertoire, die Themen werden profaner, eine Wirtshausszene, ein Zahnbrecher, ein Sägfeiler, ein geigender Knabe sind die Motive. "Offensichtlich malte er dies, weil es bei den Auftraggebern gefragt war. Er wurde hier noch nüchterner, noch beschaulicher, noch intimer", beschreibt Lechner. Diese Werke sind nicht das, was ein Besucher einer Kremser-Schmidt-Ausstellung per se erwarten würde, ermöglichen aber interessante Einblicke in die Lebenswelt des Barock und unterstreichen einmal mehr die Offenheit des Künstlers.

Der Kremser Schmidt. Zum 300. Geburtstag Oberes Belvedere, bis 3. Feb. 2019 täglich 9 bis 18, Freitag 9 bis 21 Uhr www.belvedere.at

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