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Schlosser und Stadte

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Die große und großartige Ausstellung des Werkes von Bernardo Bellotto, die von der österreichischen Kulturvereinigung veranstaltet wird, konnte keinen schöneren und würdigeren Rahmen finden als die Säle des Oberen Belvederes, aus dessen nordwestlichem Pavillon Ca-naletto — wie der Maler auch genannt wird — seine berühmte Stadtansicht, zwischen 1758 und 1761, zeichnete und -in dem nun das damals entstandene Bild zu sehen ist. Die „Wiener Stadtansicht vom Oberen Belvedere“ ist nur eines der vom Künstler am Hofe Maria Theresias gemalten Bilder aus der Serie von Veduten, die Plätze und Palais der Stadt und Schlösser der engeren und weiteren Umgebung Wiens, wie Schönbrunn und Schloßhof, darstellen und die, das macht die Ausstellung eindeutig klar, einen bedeutenden Höhepunkt im Schaffen des Malers darstellt.

Bernardo Bellotto, wurde 1721 in Venedig geboren und darf nicht mit seinem Onkel Antonio Canal verwechselt werden, der wie er ein berühmter Vedutenmaler war, bei dem er in die Lehre ging und der ebenfalls Canaletto genannt wurde. Seine malerische Tätigkeit führte Bellotto nach seiner italienischen Lehrzeit bald nach Dresden an den königlichen Hof, wo er für den König August III. und seinen Minister Graf Brühl die großen Reihen seiner Ansichten von Dresden, Pirna und Königstein schuf. Vor allem durch den siebenjährigen Krieg gezwungen, übersiedelte er für drei Jahre nach Wien, um dann über München in seine Wahlheimat zurückzukehren. Der aber besonders in Dresden gewandelte Zeitgeschmack und die durch den Krieg hervorgerufene Verarmung Sachsens führten Canaletto auf der Suche nach einem fürstlichen Auftraggeber bald an den polnischen Königshof, wo er in König Stanislaus Poniatowski einen großzügigen Förderer fand. Hier entstanden seine letzten großen Stadtansichten und Historienbilder, in denen der Figurenstaffage eine gesteigerte Bedeutung zukommt, obwohl die Darstellung des Menschen gerade in der letzten Zeit nicht zu den glücklichsten Leistungen des Malers gehört. Im Ganzen gesehen spiegelt die unbedingt sehenswerte Ausstellung im Belvedere seine Entwicklung in überzeugendster Weise wieder: vom Städtebild spätbarocker und venezianisch-römischer Tradition über die Anreicherung und Differenzierung der Farbigkeit in einem durch Hell-Dunkel-Kontraste gesteigerten plastischen Realismus zu der vergleichsweisen Verdünnung der plastischen Fülle der Spätzeit, die in ihrer Aufhellung und formalen Lockerung Zukunftsentwicklungen der Landschaftsmalerei beinhaltet und andeutet. Die Einzigartigkeit dieser Ausstellung beruht vor allem auch darin, daß sämtliche Gemälde aus Dresden und Warschau nun in Wien zu sehen sind und damit das Werk eines bedeutenden Malers, der manchmal zu wirklicher Größe emporwuchs, fast zur Gänze repräsentiert wird. Sie dauert bis 25. Juli. *

Auch Herbert Breiter zeigt in der Galerie „Autodidakt“ unter anderem einige Veduten. Keineswegs so topographisch genau wie die Bilder Canalettos, die dem Wiederaufbau ganzer Stadtviertel Warschaus als authentische Unterlagen dienen konnten, geben sie doch in ihrem kargen, dekorativen Stil die poetisch düstere Atmosphäre von kleinen Städten wieder, wobei irgendwann einmal frühe Bilder Carras als Anregung gedient haben mögen, dem sich Breiter besonders im „Einsamen Strand“, einem guten Litho der Ausstellung, bisweilen ebenso annähert wie einer gewissen jungen französischen Malerei der Nachkriegszeit in den Stilleben, ohne dabei seine eigene Persönlichkeit zu verlieren. Der kompositionelle Bau ist in den Bildern gefestigter als in den Zeichnungen, in denen Breiter Schwierigkeiten mit dem Einsatz der weißen Flächen des Papieres hat. Eine sympathische und in sich geschlossene Ausstellung.

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