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Oesterreichs Künstler—quergeschnitten

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Den invasionsartig in Wien einbrechenden Fremden wird mehr als nur „eine Stadt vorgestellt“. Das Haus der Wiener Secession präsentiert die Arbeiten österreichischer Maler, Graphiker und Plastiker. Unter dem Ehrenschutz des Bundespräsidenten unternahm ein zwölfköpfiges Team anstrengendste Reisen in die dunklen Provinzen und wählte das Beste vom Besten, um der Operation „Querschnitt“ ein gutes Gelingen zu sichern. Jeder, der in den letzten fünf Jahren ein gutes Bild gemalt, eine gute Bildhauerarbeit geleistet hatte, durfte mit dabei sein. Trotzdem fällt das Fehlen einiger Künstler auf, die diese Forderung ohne Zweifel erfüllten. Der Salzburger Eduard Bäumer ist nicht mit dabei, man sucht vergeblich nach Josef Mikl; Claus Pack bleibt verschollen, und Herbert Boeckl steigt nicht mit in die Arena. Die Aufmachung der Ausstellung gleicht einem Basar. Fragt man sich, nach welchen Gesichtspunkten die Hängung der Bilder erfolgte, so kann die Antwort nur sein: nach dem Prinzip der besten Raumausnützung.

Diesem Prinzip fiel Wolfgang Holleghas kleines, aber preziöses Bild und Wolfgang Hutters aus üppiger surrealer Blumenpracht blickendes Paar, „Adam und Eva“, zum Opfer, sie hängen schlecht und im Dunkel. Die Mischung von Surrealismus und Abstraktion, Tachismus, Naturalismus, Nachimpressionismus und Futurismus wäre einem Turmix nicht besser gelungen. Kurt Moldovans „Krieger und Insekten“ marschieren kampflustig auf das ohnehin schon zerbröckelnde „Rom“ (von Peter Kubowsky). Den ernsten Zeichnungen Arnulf Rainers sind Anton Lehmdens „Familienbild“ und „Köpfe“ ein würdiges Gegenüber. Paul Flora brilliert mit witzig gekritzeltem Schaugepränge den „Figuren am Dach“ von Gerhard Swoboda entgegen. Eines der kultiviertesten Bilder der Ausstellung, A. P. Güterslohs „Stilleben“,“ wohnt Tür.an Tür mit der türkisenen Donaulandschaft Josef Dobrowskys und dem naiv-heiter lächelnden Bild „Salzburger Dom“ von Agnes Muthspiel. Wen die klare, abstrakte Formwelt Markus Prachenskys nicht erfrischt, der mag in Viktor Pipals „Mondlandschaft“ baden.

Es ist notwendig, oftmals den Kopf zu wenden. Hierbei fallen auf: R. C. Andersens vornehme Stilleben, Maria Laßnigs schwarze, mächtige Komposition. Im Graphikkabinett: „Maiskolben““ (Aquarell) von Oskar Kokoschka neben Maria Biljan-ljilgers vorhangstoffartigen Kompositionen, aber auch eine schöne Wand mit Graphiken des Altmeisters Alfred Kubin. In der Vitrine: Kurt Absolons feine Federzeichnungen und Akte des Plastikers Johannes Avramidis. (Wo bleiben die Plastiken?) Voll ABC-Schützen-Stolz malt Wander Bertoni ein „Großes C“ mitten in den Raum, die unvergleichlich gehaltvollere Plastik „Sensualitä“ ist schlechter placiert, bleibt aber nicht unbemerkt. Wer sucht, der findet Josef Pillhofers „Kopf“, eine reife und starke Arbeit. Karl Prantls Holzform, ' Heinz Leinfellners „Bronzeporträt“. Rudolf Hausners „Arche des Odysseus allerdings braucht man nicht zu suchen, dieses Bild fällt ins Auge. Nach langen Irrfahrten' kehrte Odysseus (war er bei James Freud oder Sigmund Joyce zu Gast?“) heim und landete sicher und gereift im Hafen der Wiener Secession.'

Fazit: Die Ausstellung „Querschnitt“ ist gelungen, soweit Anthologien eben gelingen können. Der Oest-rreicher braucht Ermutigung, ein Heilmittel gegen Skepsis und Traum. Die Selbstaussage des

„Querschnittes“ ist ein Spiegel, hinter dem die Wirklichkeit einer aufrichtigen Anstrengung eine Menschlichkeit zeigt, die der Aussage wert ist.

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