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Große bürgerliche Malerei

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.....es ist nicht die drohende, gewalttätige,

animalische Natur, das männlich aktivierende Prinzip, das in Farbe und Form einzufangen Anton Faistauer reizt, sondern die ausgeglichene, in sich ruhende mütterliche Natur, das weibliche Prinzip, um welches sein künstlerisches Denken kreist. Auf die unablässige, stille Ausstrahlung der anima vegetativa hin sind seine feinnervigen Sinne gerichtet: Auf ihre höchste Erscheinungsform im Körper des Weibes und im Bildnis der Frau, die Faistauer nie hellwach, sondern träumend und in sich ruhend dargestellt hat, in der betonten Vorliebe für Stilleben und Blumen, in denen die Pflanzenseelen erblühen, und in den Landschaftsbildern der früheren Zeit, in denen Wald, Wiesen und Berge in farbigem Dunkel dämmern...“

Das ist die ganz ausgezeichnete Deskription, die der Salzburger Kunsthistoriker Fuhrmann in seinem Katalog der Faistauer-Gedächt-nisausstellung im Wiener Künstlerhaus für die Kunst seines Landsmannes gefunden hat. Sie stimmt Wort für Wort, eine bessere Definition wird nicht zu finden sein. Man müßte nur einiges hinzufügen: den wichtigen Umstand zum Beispiel, daß Anton Faistauer, so, wie er uns 23 Jahre nach seinem Tode erscheint, der letzte große Maler des österreichischen Großbürgertums gewesen ist, einer bourgeoisen Aristokratie, deren vornehm-bescheidene Allüre zugleich den Stil seiner Kunst bestimmte. Daß er neben seinen Altersgenossen Schiele und Kokoschka fast ein Konservativer war, einer, dem die Welt noch als ein Ganzes, Rundes und Unteilbares erschienen ist, in dem alles seinen gesicherten Platz hat.Vielleicht war er sogar ein Reaktionär, an dessen edler Einfalt die Zeit links und rechts vorüber*-floß, obwohl er seinen Zeitgenossen Hinz und Kunz gelegentlich als unerträglicher Stürmer und Dränger erschienen ist — aber was besagen solche Ausdrücke des kunstkritischen Jargons angesichts dieser sanften und schönen Bilderwelt, dieses Oeuvres, das wie von einem genialen nachgeborenen Venezianer geschaffen worden ist? Nichts. Hier ist ein Meister des höchsten Ranges, in dem sich Tiefe und Grazie vereinte. Hier ist ein Maler, dessen Werk kein Torso geblieben ist wie das so vieler anderer österreichischer Begabungen. Hier ist Kunst von reiner Vollendung und gänzlich ungetrübter Klarheit.

Die Ausstellung im Künstlerhaus wird, so hoffen wir, viele Tausende von Besuchern zählen dürfen.

Im Kunstgewerbemuseum (Eingang Weiskirchnerstraße) ist eine Ausstellung „P1 a-katkunst seit 194 5“ zu sehen; sie umfaßt fast ein halbes Tausend Plakate aus 25 Ländern und ist Leihgabe eines Schweizer Kunstinstituts, in Wien durch Zutaten aber erweitert und ergänzt worden.

Nun hat es hier in den letzten Jahren Plakatausstellungen in großer Anzahl gegeben — man kann füglich sagen, daß hierzulande die Kunstinteressenten allmählich über den Stand und das Niveau der internationalen Plakatkunst besser orientiert sind als über die Art und Vielfalt internationaler Kunst: Man weiß jetzt schon, daß die Schweizer Plakate die besten, die englischen die vornehmsten und die französischen die originellsten und L e u p i n oder Er n i wahre Genies in ihrem Fache sind.

Schade ist nur, daß diese vielen Plakatausstellungen rein gar nichts genützt haben. Sie haben weder den österreichischen Auftraggebern Freude an der Nachahmung eingeflößt noch die meisten unserer Gebrauchsgraphiker über eine gewisse Schwerfälligkeit hinausgehoben. Das ist keine be-< sonders angenehme Bilanz, muß aber einmal ausgesprochen werden; es soll jedoch das Vergnügen an der neuen Plakatausstellung im Kunstgewerbemuseum nicht mindern.

Außergewöhnlich hübsch ist eine kleine Ausstellung im Schauraum der Städtischen Kulturabteilung am Friedrich-Schmidt-Platz 5. Sie macht mit dem Schaffen einiger sehr begabter Wiener Künstlerinnen vertraut, die vielfach im Dienste der Stadt gearbeitet haben. Da sind Maria Bilger-Bil-j t n s zauberhafte Tonfiguren, ergänzt durch einen originellen Gobelinentwurf; Elisabeth Turolt und Hilde U r a y zeigen zahlreiche Kleinplastiken, eine Art „humorvoller Bildhauerei“, die nicht alltäglich ist. Gabriele W a 1 d e r t s Relief für einen Gemeindebau erinnert an saubere Kinderbilder-buehillustrationen, Hermine Aichenegg* Glasfensterentwurf zeigt ein bißchen zuviel Ge-fühl.

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