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Junge Maler und Alt-Wiener Blumenstücke

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Maria Lassnig, eine junge Kärntner Malerin, zeigt in der Buchhandlung Kosmos zum ersten einmal eine größere Kollektion ihrer Arbeiten, die im Rahmen umfangreicherer Ausstellungen schon viel Beachtung fanden. Diese Kollektion ist weder in ihrem Stil noch in ihrem Wert einheitlich — aber es wird sofort klar, daß Maria Lassnig ihr Bestes dort gibt, wo sie einfach und ohne sich viel um Formaltheorien zu kümmern, malt, was sie sieht und was sie beeindruckt. Da sie über Temperament und Unmittelbarkeit verfügt, gelingt ihr in. solchen Fällen auch die Form wie von selbst; Bilder, wie der „Kater“ oder die „Hühner“, beweisen das schlüssig — sie sind gesehen, erlebt und außerdem restlos durchdacht. Maria Lassnigs größter Vorzug, um den manche Bekanntere sie beneiden könnten, ist ihre starke und natürliche Beziehung zur Wirklichkeit. Verzichtet sie auf ihn, verfällt sie in formalistische Spekulationen, oder zollt sie dem Surrealismus Tribut, haben ihre Arbeiten das sofort mit Unsicherheit und verlegener Verspieltheit zu büßen) eher modische denn moderne Werkstattergebnisse sind dio Folge. Nein, Maria Lassnig scheint es kaum notwendig zu haben, ziellos zu experimentieren oder sich erst lange zu orientieren, sie bedarf auch nicht der Disziplinierung durch abstrakte Formalismen, die ihrer ganzen Art zuwider sind. Sie sollte malen, nichts als malen und nicht nach links und rechts schauen. Von ihrer Ausstellung ist glücklicherweise zu sagen, daß sie vermuten läßt, Maria Lassnig habe einen Teil ihrer besten Sachen aus falschen Erwägungen heraus nicht ausgestellt.

Die Galerie Wurth le hat als kluge Förderin neuer Begabungen ihre Räume auch diesmal jungen Künstlern zur Verfügung gestellt. Unter ihnen sticht wieder einmal Fritz M a r t i n t z hervor, dessen sehr farbige Tieraquarelle eine schöne Freizügigkeit verraten, wie wir sie bei ihm noch nicht gesehen haben, weiter der Vöcklabrucker Hans B r e ü s t e d t, der in seiner „Landschaft III“ zeigt, was unter einer echten, geistig erarbeiteten Abstraktion zu verstehen ist, und Herbert P o t u z n i k mit einem ganz ausgezeichneten, sehr dichten und ruhigen Stilleben. Elisabeth Stem-b e r g e r s „Flamingo“ ist reizvoll, und das sind auch die kultivierten, wenn auch noch etwas zu leichten Zeichnungen Theobald Schmögners und die Abstraktionen Bürgers. Schade, daß Karl Stark, zweifellos ein Talentierter, immer zerfahrener wird. Seine Aquarelle zerfallen — es ist, als ob er den Punkt nicht finden könnte, von dem aus sich die Bildteile gesetzmäßig ordnen würden. Elfriede S t a r k - P e t r a s c h hat ein schönes Stilleben vorzuweisen.

Die Alt-Wiener Blumenmalerei — in ausgesuchten Beispielen von der Galerie Sanct Lucas am Josefsplatz gezeigt — war, wiewohl akademisch betrieben und von der naturwissenschaftlichen Vorliebe jeher Zeit geleitet, doch eine Malerei des reinsten und völlig reflexionslosen Genusses. Diese Blumen, zu fleischig-zarten Massen zusammengedrängt, sind so minutiös wiedergegeben, daß sie gleichsam die Illusion der Tastbarkeit und des Duftes vermitteln, sie sind von einem luxuriösen Beiwerk von Früchten, Schmetterlingen und Vögeln umringt — alles hat genußvolle Eindrücke von Zartheit, samtener Weichheit und Frische zu liefern. Bezeichnend ist das starre Festhalten am Kompositionstypus mit der Vase in der Mittelachse, auf einem steinernen Postament stehend, das auf der Hälfte aller Blumenstücke an derselben Stelle von einem Schmetterling überschnitten wird — nichts ändert sich, außer den Blumen selbst, die freilich nicht exotisch und bunt genug sein können. Eine ungewohnte Veränderung der Komposition, des Bildtypus, sinnlichen Genuß trübende Leistung des Malers und des Betrachters voraussetzt, eben nur als ärgerlich empfunden werden können. Bezeichnend, daß Waldmüller auch da seine eigenen Wege ging, die Blumen — gewöhnliche, sogar verwelkte Blumen — zur Seite rückte, sie vom Bildrand überschneiden ließ, ihnen hartes Silberzeug zur Seite stellte: Revolution im Stilleben, der Tpd des Alt-Wiener Blumenstücks. Auch an dieser Kleinigkeit ist zu begreifen, daß Waldmüller bei seinen Zeitgenossen Mißbilligung erweckte ..,

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