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Figuren und Strukturen

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Der Galerie Würthle ist es wieder gelungen, eine äußerst sehenswerte Ausstellung aus eigenen Beständen und aus Leihgaben zusammenzustel- len, die diesmal den Titel „Die menschliche Figur“ trägt. Der Akzent liegt bei ihr auf dem Form- und Bedeutungswandel, den die menschliche Gestalt in der künstlerischen Darstellung innerhalb dieses Jahrhunderts erfahren hat, und wenn das umfassende und wesentliche Thema, das einer großen und essentielleren Ausstellung würdig gewesen wäre, in ihr auch keine angemessene Behandlung erfährt, weil die Zeit zu kurz und die Möglichkeiten der Auswahl zu beschränkt waren, so sind doch einige seltene und kapitale Stücke in ihr zu sehen. Dazu gehören vor allem der frühe Schiele — das „Porträt des Malers Maßmann“ —, noch stark unter dem Einfluß Klimts stehend, der „Sitzende Frauenakt“ von Richard Gerstl, eines seiner stärksten Bilder und in Munch-Nähe, und das „Bildnis der Frau Schönberg“, des als Maler dilletierenden Komponisten Arnold Schönberg, das den Vergleich mit manchem neben ihm hängenden Bild von professionellen Malern erstaunlich gut aushält und übersteht. Von Herbert Boeckl ist eine reizvolle kleine Skizze mit Spielkartenfiguren und ein kompakter früher Akt zu sehen, von Arnold Clementschitsch eine seiner atmosphärisch starken frühen Straßenszenen, während Ferdinand Stransky wieder durch einen eindrucksvollen — allerdings wenig räumlichen — Frauenakt vertreten ist. Auch unter der Graphik findet sich selbst bei dein berühmten Namen Bedeutendes neben Belanglosem. Hervorzuheben sind die frühe Picasso-Zeichnung, die noch frühere Matisse-Lithographie, Blätter von Beckmann, Barlach, Jawlensky, Villon, Macke, Dunoyer de Segonzac und Jacques Villon. Daneben halten sich die Blaustiftzeichnung on Kokoschka, zwei Schieles, ein schöner früher Klimt und Kubin, die Arbeiten von Boeckl, Alfred Karger, Absolon, Pillhofer, Stransky, Moldovan, Messensee, Werner Berg, Rudolf Wacker, Avramidis und Kolig. In der Plastik dominiert eine Bronze von Archipenko, der dann die Arbeiten von Walter Salzmann, Pillhofer und Avramidis mehr oder weniger glücklich sekundieren.

In der Galerie „Autodidakt" sind Arbeiten von Richard Kratochwill zu sehen, die einerseits mit strukturellen Reizen experimentieren, anderseits mit den Illusionsraum auflösenden Farbspannungen im Sinn der Muster der „kinetischen Malerei“ arbeiten. Da aber auch das Dekorative seine Gesetze besitzt, sind die Ergebnisse weniger bedeutungsvoll als langweilig.

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