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Die Östereichische Galerie Belvedere zeigt

Egon Schiele im Kontext seiner Zeit.

Wie wichtig ist Egon Schiele für die österreichische Kunst im 20. Jahrhundert? Angesichts der Häufung von Schiele-Ausstellungen, die in letzter Zeit in diesem Land ausgerichtet wurden, könnte man getrost den Messzeiger weit ausschlagen sehen. Die Österreichische Galerie im Belvedere möchte diese Vermutung nun an zwei Ausstellungen belegen, wovon die erste bereits zu sehen ist.

Rebell und Organisator

Den Betrachtern bietet sich dabei eine faszinierende Zusammenschau von einigen wichtigen Werken aus dem Gesamtoeuvre von Egon Schiele von der ganz frühen Zeit bis ins Todesjahr 1918 mit denen von Kollegen, die sich zeitgleich der Malerei hingaben.

So entdeckt man zunächst einmal auch den Organisator Schiele. Bereits in Klosterneuburg gründete er noch als Schüler die von ihm so bezeichnete "Union-Kunstzeichenanstalt". Als er dann an der Akademie der bildenden Kunst studiert, entsprechen die Unterrichtsmethoden seines Lehrers Griepenkerl so gar nicht seinen Vorstellungen. Er und seine Mitstreiter, wie zum Beispiel Anton Faistauer und Franz Wiegele, richten einen Brief mit 13 provokanten Thesen an Griepenkerl. "Ist nur das Natur, was der Herr Professor als solche erkennt?", fragen sie, nachdem sie es satt haben, nach Gipsmodellen Zeichnungen anzufertigen. Die Rebellen treten aus der Akademie aus, gründen die "Neukunstgruppe" und stellen erstmals gemeinsam im Kunstsalon Gustav Pisko aus.

Pädagogische Anliegen bleiben Schiele erhalten, als er fast zehn Jahre später den künstlerischen Durchbruch geschafft hat, spielt er neuerlich mit dem Gedanken, eine Kunstschule zu eröffnen.

Vor allem kommt aber der Maler Schiele zu Bild: Zuerst die frühen Talentproben, wo sich Schiele an den Vorgaben von Historismus und Jugendstil abarbeitet, Impulse aufnimmt, aber tendenziell auf etwas anderes hinaus will. Dann werden Ausstellungen und Initiativen der Neukunstgruppe präsentiert, wobei man sich an die historisch vorgegebene Auswahl von vor beinahe 100 Jahren hält.

Im nächsten Raum wird dann das malerische Duell zwischen dem Mentor Gustav Klimt und den bis zuletzt treu Ergebenen ausgefochten. Vergleicht man die formale Anlage von Schieles "Kardinal und Nonne" mit Klimts "Kuss", ist das Abhängigkeitsverhältnis offensichtlich; daneben aber auch die jedes gesellschaftliche Tabu angreifende Radikalität Schieles. Klimt träumt immer noch von einer heilen Welt, für Schiele ist diese längst zu einer Parallelwelt jenseits direkter Wahrnehmbarkeit geworden, für ihn bedeutet Welt eine Bedrohung, die den Menschen in die Knie zwingen kann, ihn aber auch zu Höchstleistungen treibt.

Trotz dieser zumindest im malerischen Werk völlig diametral realisierten Weltanschauung zeichnet Schiele Klimt ein letztes Mal auf dem Totenbett. "Gustav Klimt / ein Künstler von unglaublicher Vollendung / ein Mensch von seltener Tiefe / sein Werk ein Heiligtum", vermerkt er dazu. Ob Schiele hier bereits indirekt auch eine Hymne auf die eigene Arbeit verfasst hat? Schließlich ist es kaum vorstellbar, dass es ihm nicht aufgefallen ist, dass er zumindest in Einzelwerken den Meister bereits überflügelt hatte.

Schiele und sein Kreis

Zuletzt widmet sich die Schau der Bandbreite des Menschenbildes der Neukünstler - darunter so illustre Namen wie Oskar Kokoschka oder Arnold Schönberg. Im Vergleich mit den Arbeiten von Schieles Mitstreitern wie Max Oppenheimer oder Schieles Schwager Anton Peschka zeigt sich Schieles Meisterschaft unmittelbar. Mit Albert Paris Gütersloh ist nicht nur eine weitere Lehrergestalt präsentiert, die bis nach den II. Weltkrieg gewirkt hat, sondern auch der Brückenschlag zum Wort geschaffen. Nicht nur Schieles Gedichte sind bislang noch vernachlässigt, auch Gütersloh, Kubin, Faistauer und Kokoschka traten ebenso als wortgewaltige Schreiber auf.

Die Tafelrunde.

Egon Schiele und sein Kreis

Österreichische Galerie Belvedere

Prinz-Eugen-Straße 27, 1030 Wien

Bis 24.9. Di-So 10-18 Uhr

Katalog hg. v. Tobias G. Natter u. Thomas Trummer. DuMont Verlag, Köln 2006, 232 S. mit Abb., geb., e 41,10

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