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Neuerwerbungen der Österreichischen Galerie

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Als 41. Wechselausstellung ind bis 11. Mai im Oberen Belvedere (III, Prinz-Eugen-Straße 27) Neuerwerbungen der Österreichischen Galerie aus den Jahren 1952 bis 1957 zu sehen. Geboten wird eine Auswahl der Neuerwerbungen, wobei der Schwerpunkt auf die Werke älterer Epochen gelegt wurde, die die Bestände des Museums mittelalterlicher österreichischer Kunst in der Orangerie des Belvedere und des österreichischen Barockmmeum im Unteren Belvedere ergänzen. Die Ausstellung umfaßt 80 Nummern; 50 davon sind im Original vertreten, von den übrigen werden Photographien und Reproduktionen gezeigt. Da die meisten neuerworbenen Werke den Sammlungen schon einverleibt wurden, wäre e nicht in allen Fällen günstig gewesen, ie auch nur für die

Dauer dieser Sonderausstellung aus ihrem Zusammenhang zu reißen und an den Wänden Lücken klaffen zu lassen.

Die Abstellung umfaßt eine Reihe ehr bedeutender Werke. Sie beginnt mit der um 143 5/40 datierten „Versuchung Christi“, Tempera auf Fichtenholz, einem Altarflügelbild von einem Wiener Gehilfen des Meisters von Schloß Lichtenitein. Dann folgt ein Bild von Michael Pacher: „Joset wird von seinen Brüdern in den Brunnen geworfen“, Tempera auf Holz, das aus der Franziskanerkirche in Salzburg tammt. Drei Werke von Franz Anton Maulbert ch (1724 bis 1796) wurden neu erworben, darunter die „Verkündigung an Maria“, Oel auf Leinwand. Insgesamt neun Bildet von Anton Romako (H32 bis 1889) werden gezeigt, davon Im Original „Tegetthof bei Lissa“ (erste Fassung) und „Frau in zinnoberrotem Taftkleid".

Neuerwerbungen von Künstlern unseres Jahrhunderts sind unter anderem ein ehr chöner Ger tl („Sitzende Frau"), drei Klimt , zwei Schiele , ein Thöny. Von lebenden Künstlern wurden erworben: vier Werke von Herbert Boeckl, je eines von Olkar Kokoschka, Arnold Cletnentschitsch, Werner Berg und Fritz Wotruba („Große sitzende Figur"). Besonders dankenswert erscheint uns, daß zwei bedeutende österreichische Künstler, die seit Jahren im Exil leben und bei uns fast vergessen sind, nicht übersehen wurden: Josef Floch (geb. 1895. jetzt in New York) und Gerhart Frankl (geb. 1901, in Englang ansässig).

Aus Anlaß der Neuaufstellung der Oesterreichi- ichen Galerie des 19. und 20. Jahrhundert im Jahre 1954 wurden die Wefke lebender Kün tler, die zuletzt angekauft worden waren, gezeigt. In abseh barer Zeit soll ihr eine neue Uebersicht über die inzwischen hinzugekommenen Arbeiten folgen. Dann wird sich auch die Möglichkeit bieten, etwaige kritische Anmerkungen zu den Neuerwerbungen zu machen und Ergänzungswünsche vorzutragen. (Die Bilder lebender Künstler werden zum geringsten Teil aus eigenen Mitteln der Oesterreichl chen Galerie erworben, zum überwiegenden aus den Kunstförderungsmitteln des Bundesministerh ns für Unterricht. Die Österreichische Galerie erstattet ihre Vorschläge, welche Werke welcher Künstler gekauft werden sollen, und da Ministerium überläßt der Galerie dann die Werke al Dauerleihgabe.)

Die Frage, mit der die Oesterreichische Galerie de 19. und 20. Jahrhundert am meisten beschäftigt ist, ist die Raumfrage. Während man in Wien ein altes Palais nach dem anderen verfallen läßt oder gar abreißt, können teiche Kunstschätze dem Publikum nicht gezeigt werden, weil für sie kein Platz vorhanden ist, kein Saal, keine Wand. Das Trautson- Palais. das Koburg-Palais, beide in letzter Zeit durch den Neubau von Bürohochhäusern schwer gefährdet, könnten für Museumszwecke ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Für eine Hängung der Werke moderner Kun t wäre sicher ein Neubau — von einem Architekten mit moderner Baugesinnung — vorzuziehen. Auch er fehlt noch. Solange er fehlt, müssen die Neuerwerbungen österreichischer Künstler nach jeder Sonderausitellung zurück In die Depots. In der Oesterreichischen Galerie. die mit dem Herbert Boeckl gewidmeten Saal abschließt, ist kein Platz für sie. Werke lebender österreichischer Bildhauer ind im Augenblick überhaupt nicht zu ehen.

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