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Nicht nur zur Weihnachtszeit

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Nicht nur zur Weihnachtszeit sollte man Bilder schenken. Denn gute Bilder machen Freude, und jemandem Freude zu bereiten, ist immer Anlaß. Zur Weihnachtszeit aber sollte man's erst recht tun.

Für denjenigen, der also auf den Gedanken kommen sollte, seinen Freunden, seiner Frau, seinen Verwandten oder Bekannten oder auch sich selbst ein Bild zu schenken, seien hier ein paar Tips gegeben.

Wenn Sie 15.000 oder 20.000 S zur Verfügung haben, dann gehen Sie in die Galerie Würthle, Wien 1, Weihburggasse 9, und suchen Sie sich ein Oelbild von Kolig, Faistauer oder Boeckl aus. Aber soviel Geld haben Sie natürlich nicht ...

Wenn Sie 2000 oder 2500 S ausgeben wollen, dann gehen Sie erst recht in die Galerie Würthle. Dafür können Sie sich eine Lithographie von Picasso erwerben. Picasso ist schließlich auch nicht schlecht. Einen Leger bekommen Sie gar schon um 1500 S.

Ich bin kein Freund von Reproduktionen. Aber um 360 S bekommen Sie schon eine sehr schöne Reproduktion, etwa von Franz Marc. Reproduktionen bekommen Sie bei Würthle oder in der Neuen Galerie, Wien 1, Grünangergasse 1, oder in der Kunsthandlung Wolfrum, Wien 1, Augustinerstraße 10. Aber besser wäre es, sich für das gleiche Geld eine Lithographie von Beckmann (bei Würthle) anzuschaffen oder sich eines der graphischen Blätter auszusuchen, das die Guilde de la Gravüre auflegt, die Originalgraphiken berühmter Künstler in geringer Auflage herausbringt (Preise zwischen 200 und 350 S). Das Sekretariat der Wiener Secession wird Sie diesbezüglich gerne, beraten.

Aquarelle kosten nicht mehr, als 400. Graphiken nicht mehr als 300 S — in der Ausstellung „Das gute Bild für jeden“ in der Secession (bis 30. Dezember). Eine solche Ausstellung erfordert ein

gewisses Kunstverständnis; manche Blätter, die dort hängen, sind belanglos oder überhaupt nichts wert. Andere, wie etwa die Aquarelle von Lehmden oder Hutter (um nur ganz willkürlich zwei Namen herauszugreifen), sind natürlich mit 400 S weit unterzahlt. Besondere Spezialität der Ausstellung: die „gute Keramik“ (unter anderem Arbeiten von Ob-: Sieger).

Einen persönlichen Rat möchte ich hier einfügen. Wenn Ihre Wohnung klein ist und Sie bereits einige Bilder besitzen, Sie aber trotzdem Bilder lieben — dann muß es nicht unbedingt ein Bild sein, das Sic kaufen. Es gibt eine Fülle so herrlicher Kunstpublikationen (Kostenpunkt: zwischen 100 und 500 S etwa), daß sich einem das Herz Zusammenkrampft, wenn man sie alle nur ansehen kann und nicht mitnehmen darf. Bei Wolfrum ist jetzt eine Weihnachtsausstellung „Kleine Kostbarkeiten“ geöffnet, die Bücher über Kunst zeigt. Ach, es sind in Wahrheit große Kostbarkeiten, die da zu sehen sind — die Werke aus den Verlagen Skira, Phaidon, Brockhaus usw., die Werke über die archaische, indische, japanische, mexikanische Kunst, über die Malerei der Jahrhunderte bis herauf zur Gegenwart. Man kann sich da ruhig auch fremdsprachige Publikationen anschaffen, da ja die Hauptsache immer der Bilderteil bleibt. Vorsicht ist allerdings bei den billigen Taschenbuchreihen über Kunst geboten: mitunter finden sich hier Bildwiedergaben, die die originalen Farbwerte unvorstellbar verfälschen („Welt in Farbe“). — Auch in der Galerie Würthle und in der Neuen Galerie können Sie sich Kunstbücher ansehen. Ein Heft der empfehlenswerten Zeitschrift ..Das Kunstwerk“ (Agis-Verlag) kostet an die 40 S. Jährlich erscheinen etwa vier Hefte.

Wenn Ihnen aber alle diese Dinge zu teuer sind, weil Sie nur 100 S oder weniger ausgeben dürfen, dann erwerben Sie sich eines der „Arta“-Blätter zeitgenössischer Graphik in der Neuen Galerie. Wenn Sie etwas von Kunst verstehen (und Sie verstehen doch etwas von Kunst, nicht wahr?), werden Ihnen auch die „Rinder“ von Herbert Breiter oder eine Komposition von Kurt Moldovan viel Freude bereiten. Sollte Ihr Bargeldbestand aber nicht größer als 2 S sein — das langt nicht einmal für einen Espresso —, dann besorgen Sie sich eine Kunstpostkarte, etwa von Klee öder Chagall. Dann haben Sie wenigstens das Bewußtsein, etwas für die Kunst getan zu haben

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