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Graphisches und Bronzernes

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Die Galerie in der Biberstraße vermittelt die Bekanntschaft mit drei bedeutenden polnischen Graphikern: Stanislaw D a w s k i, der

Aelteste und technisch Sattelfesteste, ist Rektor der Kunsthochschule in Breslau, Stanislaw W o j t o- wicz, Träger zweier erster Preise für Graphik (in Warschau und Laibach) und der folklorischen Holzschnittkontur verhaftet, lehrt an der Akademie in Krakau, Marian M a 1 i n a, der Jüngste und stilistisch Eigenwilligste, Lebhafteste, Experimentellste, beeindruckt hierorts am stärksten. Allen dreien gemeinsam ist das für Polens Künstlerschaft so charakteristische Streben, dem Westen nachzueifern: sie wollen Anschluß gewinnen, sie wollen der nationalen Kunstentwicklung zu internationaler Beachtung verhelfen. Die Emanzipation vom sozialistischen Realismus ist die eine, eine überaus fruchtbare Synthese der heimatlich-völkischen Spezies mit den Erfahrungen der europäischen Zeichenkunst ist die zweite, und das auffallende Nebeneinander verschiedener Stilrichtungen (vom Expressionismus bis zu den jüfigöfiifi’Spielarten der iormäaflfüswigstbisfi au ‘dem Hand ein und desselben Künstlers) ist die dritte Konsequenz. ,

Otto-Herbert H a j e k, Jahrgang 1927, im Böhmerwald gebürtig, jetzt in Stuttgart lebend, gehört zu den arrivierten jungen Plastikern Westdeutschlands. Seine Ausstellung von der hölzernen Natur nachgefühlten Formen aus Bronze in der Galerie St. Stephan zeigt gegossene Strukturen zum Thema „Raumknoten" und „Raumschichtung“: Man betritt einen massiven Eisenwald mit vorwiegend rindenähnlichen Elementen. Die „Raumknoten“ sind oft von erstaunlicher Bewegung und Grazilität.

Im Souterrain der Secession hängt eine überaus anmutige Kollektion origineller, anlockender, bunt-verspielter Graphiken von Robert L i b e s k i. Es sind graphische Studien über die „Psychologie, Physiologie und Soziologie des — Sessels". Der Besucher wird zum amüsierten Wanderer zwischen der menschlichen Sitzgelegenheit eines Realisten oder der eines Surrealisten oder der eines Diplomaten oder einer „gesicherten Existenz“ oder eines „Repräsen tanten". Aber auch die „unruhige Zeit“ hat ihren Stuhl, und „zu zweit“ läßt sich sitzen, und darüber hinaus kann man das graziöse Sitzmöbel eines Fauns und das in beängstigende Andeutungen aufgelöste eines Vampirs betrachten. Dominierend eine große, dunkelrote Tafel, auf die in tachistischer Handschrift, wie aus der Tube auf eine Torte gespritzt, das ge- kringelte Fauteuil eines Zornigen hingegossen wurde. Uebrigens: die Blätter verraten einen Graphiker hoher Klasse. Paul B 1 a h a

Die „Kleine Galerie" in der Neudeggergasse, beispielhaft rührig und dem Neuen aufgeschlossen, machte zum erstenmal mit den Arbeiten Kristian Sotriffers bekannt. Gezeigt wurden an die vierzig Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen, die in den Jahren 1957 bis 1959 entstanden sind, und einen eindrucksvollen Blick in die Welt Sotriffers gewährten. Alle Blätter Sotriffers haben einen gegen- stündlichen Ausgangspunkt, manche bleiben ihm nähe9 — Ü’slifre’’LMädcHVfiköpfe“

strakten Mustern und Strukturen verschwindet.

Am stärksten ist Sotriffer von Paul Klee beeinflußt, was insofern legitim erscheint, als die stille, humoristisch-freundliche Geisteshaltung, wie sie Klee eignete, auch so sehr die seine ist, daß män eher von Geistesverwandtschaft als von Be- , einflussung sprechen sollte (soviel Sotriffer auch bei , Klee gelernt haben mag). Wie bei Klee wird diese humorvolle und spielerische Art getragen von Ernst, und Verantwortungsgefühl. Schon in der Titelgebung, in ihrer Vorliebe für Poesie, klingt die Verwandtschaft an: „Aufstand der Sumpfgeister“, „Gehetzter Fisch“, „Streitende Vögel“, „Krieg zwischen Rot und Grün", „Stadt in der Wüste“, „Zum Spazierengehen“, „Drang nach oben“, „Fische ganz unten", „Tote Fische“. Immer wieder erfüllt Sotriffer alte Themen der Malerei, die Tiere des Wassers, und der Luft, Mond, Baum und Fels mit neuer Kraft, nirgends wirken sie übernommen oder haben sie die Blässe des Symbols, überall sind sie Form, abstrahiert aus eigener Anschauung.

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