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Neue Butterfly
Den zu früh verstorbenen Dimitri Mitro-poulos haben wir vielleicht nie so bewundert, wie an jenem Abend, als er in der Staatsoper Puccini „M a d a m e Butterfly“ dirigierte und diese als sentimental und pseudo-orientalisch verschrieene Musik plötzlich ganz neue Aspekte zeigte: Originalität, Sensibilität und einen fast unvorstellbaren Reichtum an farblichen und rhythmischen Finessen. Argeo Q u a d r i, der Dirigent der Volksopernpremiere, faßt Puccini derber an — wobei diese Tendenz freilich, auf fatale Weise, noch von der ungünstigen Akustik des Hauses verstärkt wird. Die Bühne hatte Reny L o h n e r elegant und luftig, ohne überflüssige Requisiten, ausgestattet. Ihre Kostüme waren von besonderer Schönheit, im einzelnen und im farblichen Zusammenklang. Der Trägerin der Hauptpartie, der nordischblonden Christiane S o r e 1, ist diese Rolle keineswegs auf den Leib geschrieben, aber sie hat sie intensiv und geschmackvoll interpretiert und wunderschön gesungen. Von angenehmstem Timbre ist die Stimme Sonja D r a k s 1 e r s, die die Suzuki mit Charme und feiner Zurückhaltung spielte. Ein klein wenig davon hätte man Herbert P r i-k o p a als Goro gewünscht, der allzu drastisch einen Theaterbösewicht mimte. Jean C o x als Linkerton hat eine kräftige, jugendliche Tenorstimme, die es mit mancher italienischen aufnehmen kann. Im Spiel freilich war er eher ein Maat oder Steuermann auf kurzem Landurlaub, als ein Leutnant zur See. Angenehm und sympathisch in Erscheinung und Stimme: Eberhard Wächter (Konsul). Die genannten darstellerischen Mängel zu beseitigen beziehungsweise die Akteure von vorneherein auf die richtige Linie zu bringen, wäre Aufgabe des Regisseurs Walter K o 1 m-V e 11 i e gewesen, der auch mit dem Chor der Freundinnen und der Verwandten der Cho-cho-san nicht viel anzufangen wußte. Daß am Ende des zweiten Bildes Butterfly samt Kind und Dienerin, an der Rampe sitzend, ins Publikum starren (wo das Meer vorzustellen ist), war zwar neu, aber sehr desillusionierend. Über die menschliche und künstlerische Zulässigkeit der Verwendung von kleinen Kindern auf der Bühne müßte man einmal eine eigene Abhandlungschreiben. Eine solche verdiente auch das von Dr. Marcel P r a v y verfaßte Programmsonderheft, das, gescheit und unterhaltsam, eine Fülle unbekannten, höchst interessanten Materials bringt, aber leider provokant häßlich gedruckt und geschmacklos gestaltet war.
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