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Tag und Nacht

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Der Name „Kellertheater“ wird in Wien so vieldeutig, daß man ihn kaum noch anwenden kann. Denn was haben zwei Abende wie der in der „Courage“ und der im „Experiment“ miteinander zu tun, abgesehen von der architektonischen Tatsache des Souterrains? (Und was haben sie nebenbei mit dem Festwochenmotto von den „Meisterwerken des Volkstheaters“ gemein?) Lassen wir die Kategorien also weg und nehmen wir die Erscheinungen als ein Nebeneinander zur Kenntnis, das uns gerade wegen seiner großstädtischen Verschiedenheit erfreulich scheint.

Im Theater der Courage ist man des „trockenen Tones“ nun schon seit langem satt. Man bietet ganz einfach amüsantes, nach Möglichkeit präzis einstudiertes kleines Theater und fährt dabei nicht schlecht. Gerhard Bronners und Bruni Loe-b e 1 s Lustspiel aus dem Theatermilieu „Kurz vor der Premiere“ lebt nicht nur von der Typenzeichnung und der Schlüssellochfreude, hinter die Kulissen sehen zu dürfen. Es ist auch so geschickt gezimmert wie ein braver, alter Schwank. Gegen Ende zu, als aus der spielerisch-zerstreuten Neigung der von Elisabeth Stemberger mit allem facettierten Reiz gespielten Diva zu einem verliebten Gymnasiasten (beachtliche Talentprobe des jungen Rainer Arten-fel 8)-plötzlich -M stwas--wie-iErost zu werden droht, schien es uns, als ob es: sogar noch eine Komödie gäbe. Dann kam ein niveaulos-peinlicher Schlußsatz und machte die Szene zur Zote. Schade. Man könnte ihn weglassen. Georg L h o t z k y gab, freundlich am Rand eines Tobsuchtsanfalls, eine Rolle, die „Georg Lhotzky als Regisseur“ hieß. Er war bezwingend. Gut geführt die Herren E 1 g e r und Ke r-s t e n als Anwälte. Unmöglich outrierend Kurt Radlecker als auch vom Stück her überzeichneter Erpresser.

Der „Abend zu dritt“, unter dessen Sammeltitel das „Experimen t“ Fragmente dreier Preisträger eines hauseigenen Fragmentbewerbes bot, hatte eine innere Intensität, um die manche große Bühne dieses echte Kellertheater beneiden könnte. Matthias M a n d e r drückt in der Endszene seines „Karren mit S c-g e 1“ die Verzweiflung der „letzten Menschen“ in einer der Sprache entfremdenden Welt mit Sätzen aus, die echte Spannkraft besitzen. Trotz des Anklangs an Ionesco, der ja als zeitgenössische Gleichgestimmtheit nichts Schlechtes bedeutet, trägt die Szene „Die Probe“ von Urs J a e g g i eigene Handschrift. Die Wortmontage „Der Weg nach Bern“ von Gerhard Rühm erschließt sich, wie ein gutes Vexierbild erst nach mehrmaligem Betrachten. Ihre Wahrheit liegt in den „Zwischenräumen“, Niels Kopf und Gerhard Eisnecker führten verständnisvoll und konzentriert Regie. Die Schauspieler Gudrun Geier und die (uns am begabtesten von allen scheinende) Heidi G r ü b e 1, Maria A m 1 a c h e r, Serge Wolf, Robert Sterbik und Peter Geiger waren mit einer asketischen Hingabe bei der Sache, die oft den Ungeübten vor dem Routinierten auszeichnet,

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