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„Courage“ auch in Linz

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Fast gleichzeitig mit dem Wiener Volkstheater wurde Bertolt Brechts „Mutter Courage“ im großen Haus des L i n z e r Landestheaters aufgeführt. Über das Stück und seine Wiener Aufführung wurde bereits in der „Furche“ (Nr. 9/1963) berichtet. In Linz holte man für die Inszenierung als Gast Harald B e n e s c h, der als Regieassistent Brechts in Berlin tätig war. Ohne sich sklavisch an die Modellaufführung zu binden, hielt er sich im wesentlichen an Brechts Regieanweisungen. Die Glanzleistung des Abends bot Elfriede

G o 11 m a n n als Mutter Courage. Mit überragendem Können und dem vollen geistigen und physischen Einsatz ihrer starken Persönlichkeit gestaltete sie die Rolle, fern dem Illusionstheater, zu einer erschütternden Anklage gegen den menschenfressenden und die Moral zerstörenden Krieg. Höhepunkte wie den Abschied von ihrem Sohn Schweizerkas und der Katrin wird man nicht vergessen. Nach ihr ist Elke Baum als stumme Katrin zu nennen. Welch reiche Skala von Empfindungen vermag sie lediglich durch Gestik, Mimik und unartikuliertes Lallen auszudrücken! Zu den Höhepunkten des Spiels gehört ihre Selbstaufopferung. Aus der großen Zahl der Mitwirkenden seien mit sehr guten Leistungen noch genannt Alexander Wagner als der dem Kriegshandwerk verfallene Eilif, Wolf öser als sein redlicher Bruder Schweizerkas, Gustav Dicf-fenbachet als wendiger schwedischer Feldprediger, Richard Elias als fragwürdiger Lagerkoch, Christine Buchegger als zielstrebige Yvette. Die Regie wurde wirksam unterstützt durch das sparsame, aber werkgerechte Bühnenbild und die Kostüme Walter Perdachers sowie durch die stilechte Wiedergabe der originalen Bühnenmusik Paul Dessaus durch Robert F i 1 z w i e s e r. Das vollbesetzte Haus war von der grauenhaften Kriegschronik sichtlich beeindruckt und zollte den Darstellern verdienten Beifall.

In den Kammerspielen wird Marcel Achards „Die aufrichtige Lügnerin“ gespielt, primitives Boulevardtheater nach dem Rezept: Man nehme einen Kriminalreißer, mixe ihn mit Frivolitäten und garniere das Ganze mit etwas Gesellschaftskritik. Die Linzer Aufführung krankt bei geteilter Verantwortung zwischen der Regie Gustav D i e f f e n-b a c h e r s und der Spielleitung des Intendanten K r a h 1 daran, daß die zahlreichen psychologischen Ungereimtheiten und Frivolitäten nicht mit leichter Hand überspielt, sondern breit ausgespielt wurden. Helga David in der Titelrolle bemüht sich immerhin durch naive Herzlichkeit, die undankbare Rolle erträglich zu machen. Gute schauspielerische Leistungen bieten Thomas Rauchenwald als menschlicher Untersuchungsrichter, Martha Jenisch als hintergründige Madame Beaurevers. Petet Schratt karikiert diskret einen amou-rösen Bankier, dagegen in der Doppelrolle zu aufdringlich den Polizisten. Am besten ist das einfache Bühnenbild Leo Kliegels.

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