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Milchstraße und Kaffeehaus
Das Linzer Landestheater brachte in den Kammerspielen zwei Komödien heraus. Freilich nennt Karl W i 11-linger sein Stück „Kennen Sie die Milchstraße?“ zu Unrecht eine Komödie. Richtiger würde es als Groteske mit kabarettistischem Einschlag bezeichnet. Fast gleichzeitig mit der Linzer Premiere wurde es am New-Yorker Broadway nach nur zehnmaliger Aufführung abgesetzt. Die dortigen Kritiker anerkannten zwar den moralischen Eifer und den Sinn des Autors für Ironie, doch vermißte man eine klare dramatische Durchdringung des Stoffes. Es sei ein Konglomerat aus Allegorie, Expressionismus, Kabarett, nach der Art Brechts, halb Lehrstück, halb symbolische Parabel. Und damit haben die New-Yorker nicht unrecht. Herbert K u c e r a bringt in seiner Regie vor allem das Kabarettistische zur Geltung, im Nachspiel zuviel. Der späte Heimkehrer, der durch seine niederdrückenden Erlebnisse in der Heimat in einer Nervenklinik als Patient landet, wird — fast schon zu routiniert — von Alexander Wagner gespielt und unterspielt, im Nachspiel dafür hektisch überspielt. Rudi Joksch legt seine Rollen als Irrenarzt, als besitzgieriger und arbeitsscheuer Gemeindeschreiber, als bedenkenloser Versicherungdirektor, als ge-finkelter und dabei doch gutmütiger Kneipenwirt hingegen breit an. Heinz K ö 11 e 1 schuf ein werkgerechtes Bühnenbild für das nicht ausgeglichene Spiel.
Mit mehr Recht nennt Goldoni 6ein „Kaffeehaus“ eine Komödie. Freilich, auch sie ist nicht allzu beschwert mit Gedanken. Immerhin ist es ein beachtliches Stück voll echten Lebens, das mit Witz Lebenswahrheiten vermitteln will. Daß es in Linz trotz eines sehr ansprechenden Bühnenbildes von Dr. Eduard L ö f f 1 e r, München, nicht zur vollen Wirkung kommt, liegt an der Regie und einer Fehlbesetzung. Gustav D i e f f e n-b a c h e r beschränkt sich diesmal auf Situationskomik und läßt es an der komödiantischen Durchseelung fehlen. Tempo und Krach sollen wohl die italienische Atmosphäre ersetzen. Mit der Hauptrolle des Don Marzio wurde Alexander Wagner betraut, der bei seiner beschränkten Wandlungsfähigkeit der Rolle nicht gerecht werden kann, sondern aus dem Lästermaul einen Theaterbösewicht macht. Es fehlt freilich nicht an guten Leistungen. Genannt seien die Damen Jenisch und Man-
hard sowie die Herren Kucera, Elias, Westen und Franken, denen der laue Schlußbeifall galt.
Erwähnung verdient jedoch die überdurchschnittliche Aufführung einer Komödie von Jacques D e v a 1, der nach fünfundzwanzigjähriger Pause in Linz mit seinem Lustspiel „Simone, der Hummer und die Ölsardine“ im Kellertheater zu Wort kommt. Ferry Bauer führt dieses leichte, witzige, echt französische Lustspiel unter Verzicht auf frivole Aufmachung mit dezenter Komik zu einem vollen Erfolg. Eine Überraschung bietet Brigitte Schmuck als Simone, eine kapriziöse Dame, die nicht weiß, was sie will, verspielt im Leben wie in der Liebe, aber mit Charme und Noblesse. Sie hat an Peter Uray als zunächst schüchterne Ölsardine, dann aber sehr zielbewußten und listenreichen Tugendwächter einen ebenbürtigen Partner. Der blasierte Hummer wird von Helmut Ortner mit lässiger Eleganz dargestellt. Auch die Nebenrollen sind vollwertig besetzt und der Raum wird von Walter F r ö 11 e r mit geringsten Mitteln geschmackvoll gestaltet.
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