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No-Spiele, Nashörner

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Während sich die Grazer Oper mit einer halbwegs gefälligen, im ganzen aber nicht sonderlich attraktiven Aufführung von A u b e r s „F r a D i a v o 1 o“ in die Gefilde der französischen Opera comique begab, haben sich die Kammerspiele einmal dem ganz fernen Osten verschrieben. Die fremdartige und geheimnisvolle Welt japanischer No-Spiele kann mit einem europäischen Ensemble wohl niemals präsent gemacht werden. Mit der Wiedergabe dreier moderner Einakter nach alten No-Motiven gelang es der Regie Heinz G e r s t i n- g e r s jedoch, die Atmosphäre jener uralten, aus Brauchtum und Kult entwickelten Spiele anzudeuten. Der Autor, Yukio Mishima, hatte die Absicht, die alten Spiele — unter Beibehaltung ihrer Substanz — völlig zeitgemäß umzugestalten. Das Traumreich des No-Theaters wird durch moderne Schauplätze ersetzt: „Die Dame Aoi“ spielt in einer psychiatrischen Klinik, „Die Damasttrommel“ in einem Rechtsanwaltsbüro und einem Modesalon, der Held des „Traumkissens” träumt nicht mehr, Kaiser von China zu sein, sondern verwandelt sich in einen Wirtschaftsdiktator. Im Grunde geht es ja um etwas Ähnliches wie bei der Erneuerung antiker Dramen durch moderne europäische und amerikanische Autoren. Nur — das Einfühlen und Sicheinleben in die, japanischen Stücke fällt einem bedeutend schwerer, da man die Originale nicht kennt und sich mit der modernisierten Bearbeitung abfinden muß; dies um so mehr, als ein Übermaß an Text das Interesse des Zuschauers beeinträchtigt.

Ein Vergleich der Wiener Aufführung von Ionesco „Nashörnern“ und der Grazer Interpretation desselben Stük- kes fällt eindeutig zugunsten der letzteren aus. Der Regisseur Fritz Z e c h a hat auf die Einengung der Fabel auf eine bestimmte geschichtliche und menschliche Situation verzichtet und dem Zuschauei jede Möglichkeit der Ausdeutung be-

Exaktheit j von. einer ge- rä.ae'zu‘ikintypėeh Orchestrierung, vpn solch packendem Tempo und gleichzeitig von so wehmütiger Lyrik, daß sie weit über die lokalen Grenzen hinaus Beachtung verdient. Außerordentlich gelungene (weil hintergründige) Dekorationen Wolfram S k a 1 i c k i s verstärken noch die faszinierende Wirkung.

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