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„Der Günstling“ — nach 20 Jahren

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Rudolf Wagner-Regenys Oper „D e r Günstling“ (Text von Caspar Neher nach der Büchnerschen Bearbeitung des Dramas „Marie Tudor“ 'von Victor Hugo) wurde im Akademietheater erstaufgeführt. — Die Premiere dieses Werkes fand 1935 unter*Karl Böhm an der Dresdner Staatsoper statt, und . in . den folgenden lahren wurde „Der Günstfing“ ah zählreichen deutschen Bühnen gegeben. — Vorher hatte Caspar Neher für Kurt Weill den Text zur „Bürgschaft“ geschrieben. Als dann Brecht und Weill, die theoretisch und praktisch das „epische Theater“ begründet hatten, in die Emigration gingen, war gewissermaßen der Platz für den Fortsetzer dieser Linie vakant. — Hier schloß der Siebenbürger Wagner-Regeny (lahrgang 1903) an. Auch er forderte die Entsinnlichung des Orchesterklanges und die Weglassung außermusikalischer Elemente. Die Musik soll nur durch Linien und rhythmische Energien wirken. Die Bühne beherrscht der „singende Mensch“. Ihm hat sich alles andere unterzuordnen. Daß die Singstimme autonom — und nicht Teil der Orchester-polyphonie — ist, das hatte auch schon Verdi verwirklicht. Aber Wagner-Regeny greift weiter zurück: auf Händel vor allem und auf das Volkslied (leider nicht auf die so reiche und vielfarbige Folklore seiner Heimat Siebenbürgen). — Die in sieben' Bilder gegliederte Handlung ist ebenso primitiv wie die Musik. Stilwille oder Dürftigkeit? Darüber wurden seinerzeit spaltenlange Artikel geschrieben. Für uns ist das heute nicht mehr sehr interessant. Im Ohr bleiben einige Weillsche Ostinati („ver-weille doch, du bist so schön!“ möchte man sagen) sowie ein paar wirkungsvolle Kantilenen. — Als Schuloper, für Studioaufführungen, eignet sich das Werk insofern, als die einzelnen „Fächer“ genau getrennt und die ihnen zugeordneten Aufgaben durchaus adäquat sind: die Königin Maria Tudor — hochdramatischer Sopran (Eva Maria Kapek), der Günstling Fabiano Fabiani — hoher Tenor (Lajos Slavik), Jane — lyrischer, Sopraa ' (Edith Gpldoni), Gil — Bariton (George Fouri).„ Simfjgf Renard — Baß (Stephan Gaal). Aber die Spielleitung! Sie war konventionell und realistisch und stand im Gegensatz zum Stilwillen der Autoren. (Regie und musikalische Leitung: Hans Duhan.)

Zwei in jeder Hinsicht glanzvolle Opernabende in der Staatsoper.' mögen an dieser Stelle wenig-

Der Dirigent Eugen Ormandy stens registriert werden: „Tosca“ unter K a r a-j a n s Leitung mit Gre B r o u w e n s t i j n in der Titelrolle (eine intelligente, noble und ausdrucksvoll singende Heroine auf der Höhe ihrer Kunst), D i Stefano (der von Mal zu Mal an Ausdruck und Dramatik des Spieles gewinnt) und Tito G o b b i, dessen Vorzüge bekannt sind.

Ferner eine rasante, dabei sorgfältig ausgefeilte „C a r m e n“-Aufführung mit Jean Madeira in der Titelpartie, mit Hilde G ü d e n als Micaela (der diese Rolle wohl kaum jemand mit gleicher Vollkommenheit nachsingt), dem darstellerisch und stimmlich wieder hervorragenden Di Stefano und dem diesmal als Toreador etwas matt wirkenden George London.

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