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Unzertrennlich — aber auch unvermeidlich?
Die Wiener Staatsoper setzte an ihrem letzten Premierenabend vergangenen Sonntag Mascagnis „Cavalleria rusticana” und Leoncavallos „I P a g 1 i a c c i” aufs Programm, die seit ihrer Uraufführung (1890 in Rom. beziehungsweise .1892 in Mailand) unzertrennlich scheinen. —
Wir haben zu Beginn des neuen Jahres an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, ob es die Aufgabe der Staatsoper sei, sämtliche alte Reißer hervorzuholen — und stellen diese Frage erneut. Und wenn man schon diese beiden groben veristischen Mordgeschichten, deren melodische Schlager jeder persönlichen Eigenart entbehren, dafür aber zu den Lieblingsstücken von Kurkapellen und Drehorgelmännern gehören, nicht entbehren zu können glaubt: weshalb überläßt man sie nicht der Volksoper? Denn das italienische Repertoire der Staatsoper bedarf vorläufig keiner Erweiterung. (In den. ersten beiden - Wochen des Monats März wird im Großen Haus am Ring nur neunmal in italienischer Sprache gesungen) — dagegen klaffen anderswo Lücken, auf die wiederholt hingewiesen wurde und an die wir immer wieder erinnern werden.
Ueber die Aufführung ist freilich nur das Beste zu sagen. — Für die musikalisch schwächere und gröbere Oper Mascagnis hatte man Wolf-Dieter Ludwig als Regisseur und Nicola B e n o i s gewonnen. der in einem strengen, südlich-hellen Bühnenbild die Atmosphäre der „sizilianischen Bauernehre” (Realismus ohne Hintergrund) sicher eingefangen hat. Christi Goltz als hysterisch- eifersüchtige Santuzza — das muß man sehen und hören. Ebenso Walter Berry als Alfio und Giuseppe Z a m p i e r i als schwächlicher Turridu.
Für „Bajazzo” schuf Jean-Pierre Po nn eile ein mächtiges, die ganze Höhe der Bühne ausfüllendes Szenenbild mit übereinander getürmten Häusern und Gäßchen, die von einer bunten, modern kostümierten Menge wimmelnd belebt waren. Auch der Regisseur Paul Hagen hat gute Arbeit geleistet. Die Titelpartie sang und spielte (verhalten, aber sehr eindrucksvoll) John Wickers: faszinie rend in vielen kleinen scharfen Zügen und prächtig singend: Aldo Protti (Tonio-Taddeo, nach dem Prolog minutenlang bejubelt), als Nedda und Colom- bine lernte man eine neue südlich-temperamentvolle Wilma Li pp kennen; ferner Murray Dickie und Eberhard Wächter (weniger Bauer als junget Automechaniker) sowie der ausgezeichnet einstudierte Chor. Lovro von M a t a č i Č kam erst beim zweiten Stück in Feuer (Mascagni nahm zwar selbst gern breite Tempi, aber sie sind seinem Werk nicht dienlich). Starker Ap’plaus, besonders von der Galerie, nach den eingangs erwähnten Schlagern.
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