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Ausklang mit großen Konzerten

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So repräsentativ die Sänger und Spieler ausgewählt waren, die sich während der'Salzburger Festspiele im Mozarteum vernehmen ließen: sie bilden in dem barock-festlichen Ensemble doch nur ein Ornament. Pierre F o u r n i e r Bachs Cellosuite in C-dur musizieren oder Robert und Gaby C a s a-desus vierhändig Schuberts f-moll-Phantasie und Ravels „Ma mere l'Oye“ spielen zu hören, ist eine Festfreude, die man in Mentone oder Prag ebenso goutiert wie an der Salzach. Die S e r e n a d e n im R e s i d e n z h o f, die Matineen, die geistlichen Konzerte in der Aula Academica aber machen ihre bescheideneren künstlerischen Mittel wett .durch ein. Lokalkolorit, dessen Zauber in der historischen Anspielung, im Milieu gründet.

Ob Hochleistung oder Lokalfarbe wichtiger ist, darum geht recht eigentlich der Streit, den die Nachricht von Herbert von Kar a j ans Demission als künstlerischer Leiter heraufbeschworen hat. Man sollte vielleicht die Möglichkeiten nicht isolieren; selbst' Karajan, der gebürtige Salzburger, ist neben vielem anderen auch ein Lokalfaktor. Im übrigen schien das Publikum von den Nachrichten und Dementis ungleich weniger bewegt als die Gazetten. Und die einzigen Wogen, die in den Veranstaltungen hochschlugen, waren die des Beifalls.

Zwei Chorkonzerte standen im Zentrum der Begeisterung. Karajan kombinierte Mozarts „Requiem“ mit Bruckners „Tedeum“. Die allzu helle und raschbewegte Deutung der Totenmesse, die man Ende Jänner in Berlin erlebt hatte, schien korrigiert. Orchestral (Wiener Philharmoniker) wie chorisch (Singverein der Gesellschaft der Musik-feunde) war die Aufführung offenbar auf die Idee äußerster Klarlegung des Stimmgewebes gerichtet. Sie wirkte dadurch, verglichen mit dem Klangzauber mancher Kärajan-Programme, beinahe asketisch. Mit Leontyne Price, Hilde Rössel-Majdan, Fritz Wunderlich und Walter Berry war ein Soloquartett von homogener Pracht aufgeboten, dem sich im Baßpart des „Benedictus“ noch der hellere Bariton Eberhard Wächters gesellte, eine vorteilhafte, wenn schon nicht unentbehrliche Nuance. Der relativ zurückhaltenden Mozart-Deutung schloß sich die romantisch-beschwörende von Bruckners Gotteslob an. Erstaunlicher Gegensatz in der Steigerung und in der farbigen Agogik der Chöre und Echowirkungen, denen wieder die Akustik des Neuen Festspielhauses überzeugend diente.

Dimitri Mitropoulos, schon in der meisterlichen Darstellung von Schönbergs Variationen opus 31 mit den Berliner Philharmonikern bewundert, schloß die Reihe der Konzerte mit Gustav M a h 1 e r s Achter. Mit einer Hingebung ohnegleichen, selbst ein Pater eestaticus, ließ er die innere Spannung der faustischen Musik Klang werden. Die eigentümliche Zusammenfassung symphonischen und dramatischen Geistes, die in Mahlers Vokalsymphonien Ereignis wird, lebt in den immer fließenden, niemals metronomisch starren Zeitmaßen unter Mitropoulos, in den gewaltigen Ausbrüchen seiner Dynamik, ;n der liebenden . Sorgfalt, mit der. auch Episodenhaftes und Strecken des Übergangs ins rechte formale Licht gerückt sind. Trotz mancher kleiner Ungenauigkeiten, namentlich im Orchester, war es eine Aufführung von höchster Dignität und unvergleichlich planvoller Disposition. Von den Sängern waren der Tenor Giuseppe Zampieri (trotz Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache) belkantistisch, die Sopranistin Hilde Zadek, die Altistinnen Ira Malaniuk und Lucretia West stilistisch führend. Für die hohe Sopranpartie hatte Mimi Coertse ein nicht ganz ausgeglichenes Organ, für die tiefen Männerpartien Hermann Prey und Otto Edelmann viel Intensität einzusetzen. Drei Wiener Chöre (Konzertverein der Staatsoper, Singverein, Sängerknaben) ergänzten den Kolossalklang der Philharmoniker, daß die steinernen Wände der Reitschule zu bersten drohten. Ein mächtiger Erfolg für Mitropoulos; eine Bestätigung, daß Mahlers Musik überall Resonanz findet, wo Liebe und Können ihr zu Gebote stehen.

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