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Aus dem Konzertsaal

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Ileana Cotrubas und Siegmund Nimsgern waren die Interpreten von Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch”. Leider gelang es dem Bariton nicht, den einzelnen ihm zugeteilten Gesängen den richtigen Ausdruck zu geben, sondern er benützte sein an sich schönes Organ, um Stimmprotzerei in übertriebener Fortedynamik zu betreiben. Stilistisch besser fand sich die als Opernsängern! rasch bekannt gewordene Sopranistin mit ihrem Part Zufecht.’ wiewohl siė für härtere G:efühlsmomente uhd Horn- ausbrüche mehr mitbringt als für Schelmerei, Übermut und Koketterie, was gerade für die Charakterisierung dea liebend-launischen Mädchens so wesentlich ist. Am Flügel begleitet, korrekt und sich als guter Pianist deklarierend, Helmut Deutsch. Ob das für den so reichen Klavierpart des „Italienischen Liederbuches” nicht doch etwas zu wenig ist?

Die Eckpfeiler der „ORF”- Martinee, die Hans Swarowsky im Großen Sendesaal dirigierte, waren Haydn und Reger. Haydns Londoner C-Dur- Symphonie, HV 1/97, bildete in der klaren Herausarbeitung der klassischen Linie durch Swarowsky einen angenehmen Gegensatz zu den outrierten dynamischen und tempomäßigen Überspitztheiten einer kürzlich von Bernstein gestalteten Haydn-Interpretation. Den Höhepunkt des Konzertes stellten Regers Beethoven-Variationen dar, die sich dem Hörer infolge der Großzügigkeit der Themenwandlung eher als Fantasien, auf weiten, großen Bogen aufgebaut, erschließen und in der machtvollen Schlußfuge glanzvolle Wirkung erzielen. — Als Mittelstück war Frank Martins aus dem Jahr 1965 stammendes Cellokonzert angesetzt, das in seiner kräftigen Anlage an das kürzlich in Wien erstaufgeführte Klavierkonzert des 81jährigen Komponisten gemahnt, aber trotz farbiger, oft kammermusikalischer Instrumentation und kantabler Stellen nicht an dessen Substanz heranreicht und weniger Emotion ausstrahlt. Wolfgang Herzer war der hervorragende, alle technischen Schwierigkeiten meisternde Solist, der den reichen Applaus mit der Zugab der 1. Bach-Suite quittierte. Die Wiener Symphoniker spielten in bester Verfassung.

Raimund Weissensteiner brachte die von ihm alljährlich komponierten Orchesterwerke — diesmal drei Uraufführungen — dm Großen Konzerthaussaal zur Aufführung. Die zu Anfang gespielte, Zwölftontechnik verwendende „Phantastische Suite” und das Schlußstück des Abends, die 11. Symphonie, unterscheiden sich auf Grund des schon gewohnt gleichbleibenden Ausdrucksvermögens des Komponisten wenig voneinander,

gleich ist für beide auch das Dröhnen einer überaus stark besetzten Schlagzeugbatterie. Zwischen diesen beiden, größten Orchesteraufwand verlangenden Arbeiten war ein „Notturno misterioso” zu hören; den Titel dieses Stückes scheint Weissensteiner wohl aus der Klangmischung des solistisch eingesetzten Alt- Saxophons mit einem Streichorchester bezogen zu haben. Für die Ausführung des überlangen Programms waren Hans Kremsberger als BläsersÖHkt tihd die tJraVbri Wiener Symphoniker unter der umsichtigen Leitung Kurt Rapfs herangezogen worden.

Kaum ein anderer Instrumentalist hat es so schwer wie der Cembalist, mit den Stilproblemen der für sein Instrument geschriebenen Musik ins reine zu kommen. Wenn aber Isolde Ahlgrimm in die Cembalomusik des 48. Jahrhunderts hineinhorcht und ihr Publikum mithören läßt, dann kommt man von der sich immer wiedereinstellenden berühmten Frage „subjektiv” oder „werkgetreu” bald ab und überläßt nur dem Ohr die Deutung einer schönen, auch heute trotz ihres Alters noch lebendigen Musik, so wie sie die Ahlgrimm spielt. Übrigens werden die von ihr zum Vortrag gebrachten Komponisten ihre Arbeiten vielleicht ganz anders als „werkgetreu” interpretiert haben, als wir es heute tun. — In dem sowohl akustisch als auch stimmungsmäßig für solche Musik nicht sonderlich geeigneten Mozart- Saal erklangen von dem Thomaskantor Johann Kuhnau die musik- programmatische „Historie von todkranken und wieder gesunden His- kias”, je eine Suite des in den italienischen Sonatensätzen und französischen Tanzformen gleich bewanderten Händel und seines großen österreichischen Konkurrenten Johann Fux, eine grandiose Toccata Johann Sebastian Bachs und zehn von spanischer Folklore gespeiste, kurze Sonaten Domenico Scarlattis. Frau Ahlgrimms Musizieren war diesmal weniger durch das Bestreben nach Klangdifferenzierung durch Registrieren als durch vorzügliches Legatospiel und technisch vollendete Sauberkeit der Ornamentik und der Passagen gekennzeichnet. Der schöne Abend hätte besseren Besuch verdient.

1 Eugene Ionescos neues Bühnenwerk „Macbeth” soll in der Spielzeit 1971/72 an einem Pariser Privattheater in Szene gehen. In „Macbeth” will Ionesco verdeutlichen, daß alle, die nach Macht streben oder Macht besitzen, mehr oder weniger Paranoiker sind.

Brauer im Museum des 20. Jahrhunderts

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