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Konzerte

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Seine ephebenhafte Erscheinung täuscht: Der Tenor Heinz Zednik ist eine starke Persönlichkeit, podiumsgewohnt und kraftvoll in der Gestaltung seiner Rollen. Sein unverwechselbares Timbre hat ihm in Bayreuth Rollen wie die des Mime und des Loge beschert. Im Brahms-Saal gab das Mitglied unserer Staatsoper für die „Jeunesses“ einen Abend mit nicht weniger als 36 Liedern aus Wolfs Spanischem und dem Italienischen Liederbuch und den gesamten Krämerspiegel von Richard Strauss: vorbildlich in der Deklamation, temperamentvoll, mit Tiefe, mit geradezu endloser Kraft und mit köstlichem Humor. Seine mimischen Einfälle im Krämerspiegel sprengten fast den Rahmen eines Liederabends, sein stupendes Gedächtnis verblüffte: Der Künstler sang alles auswendig. Konrad Leitner, Solokorrepetitor an der Staatsoper, war mit trockenem Witz und hohen Ka-pellmeisterqualitäten Begleiter am Bösendorfer.

Beide sind Absolventinnen des Konservatoriums der Stadt Wien, haben dann an der Ann-Arbor-Uni-versität in Michigan weiterstudiert und danach gemeinsam im Linzer Bruckner-Haus konzertiert: Elisabeth Weiss und Eleonore Müller. Vorher schon hatte die erstere den Jugendmusikpreis beim Internationalen Tees-Side-Wettbewerb in England gewonnen und im Großen Musikvereinssaal das Violinkonzert von Sibelius gespielt. Das letzte Konzert der beiden jungen Künstlerinnen war durch Programm wie Interpretation bemerkenswert. Nach Sonaten von Schumann und Beethoven (op. 105 und op. 30) sowie der berühmten d-moll-Cha-conne von Bach mit ihren 64 Abwandlungen war der 2. Teil Neuerem gewidmet.

Arnold Schönberg schrieb seine „Fantasie“ op. 47 zwei Jahre vor seinem Tod (1951) in Santa Barbara, Kalifornien. Diese seine letzte, in Wien bisher unbekannte Instrumentalkomposition ist ein einsätziges, impetuoses, dissonanzreiches Werk, ganz anders als Schönbergs letzte Chorkompositionen. Und zwar schrieb er zuerst den vollständigen Violinpart nieder, erst darnach die „Klavierbegleitung“, die aber, was Gehalt und Schwierigkeitsgrad betrifft, eher ein Widerpart ist. Hier zeigten die beiden jungen Musikerinnen künstlerische Reife und bemerkenswertes technisches Können. Darnach folgten, von einer lyrischen „Meditation“ Tschaikowskys eingeleitet, zwei völlig gegensätzliche Stücke von Strawinsky: Während die „Berceu-se“ aus dem Ballett „Der Feuervogel“ fast nahtlos an den Lyrismus Tschaikowskys anschließt, fordert die „Danse Russe“ aus „Petrusch-ka“ in dem Arrangement von Samuel Duschkin von den Ausführenden ein Letztes an Rasanz und Brillanz, die durch die beiden virtuosen Zugaben ein wenig überfordert schienen.

Elisabeth Weiss besitzt alle Voraussetzungen, eine ganz große Geigerin zu werden: nicht nur eine hervorragende Technik und einen großen Ton, sondern auch einen fast männlich wirkenden Zugriff und Impetus, der sich vor allem in der Bogenführung äußert. Was ihr derzeit noch fehlt, ist ein sehr gutes Instrument, das ihrem Ton nicht nur Volumen, sondern auch jene Schönheit und jenen orphischen Zauber ermöglicht, der die großen russischen Geiger der Odessaer Schule auszeichnet. Eleonore Müller war ihr mehr als eine gute Begleiterin, war Partnerin, die nicht nur über tadellose Technik und sehr differenzierten Anschlag verfügt, der dem neuen Bösendorfer immer neue Klangfarben abgewann, sondern - das Wichtigste! -echte Musikalität, die sie befähigt, die Eigenart jedes der Komponisten, jedes Werkes zu erfassen und zu vermitteln.

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