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1910 an der Metropolitan uraufgeführt, ist dieses selten zu hörende Werk nach jenen Opern entstanden, die Puccinis Weltruhm begründet hatten. Danach folgten nur noch die drei Einakter und „Turandot“. An das primitive Sujet kann man sich eher gewöhnen als an die Verworrenheit des Librettos. Aber seine Banalität ist ehrlicher als die der „Meisterwerke“. Die angeblich echte Handlung spielt um 1850, als es wieder einmal einen Goldrausch in Kalifornien gab, unter abenteuerlichen Goldgräbergesellen. Der als Mister Johnson auftretende Räuberhauptmann Ramerrez spielt eine wichtige Rolle, ebenso ein Sheriff als dessen Nebenbuhler bei der schönen, vielumworbenen Schankwirtin Minnie, die die Hauptperson ist. Es gibt Verfolgen und Entkommen und wieder Gefangenwerden, und weil das Blut durch die Decke tropft, wird der versteckte Räuber entdeckt, und die Wirtin spielt mit dem Nebenbuhler um des Verletzten Leben: Also ein richtiger Westerner.

Aber die Musik ist die feinste und differenzierteste, die Puccini je geschrieben hat. Viele Details sind vom französischen Impressionismus inspiriert. Nur die Schlager, welche Puccinis andere Opern so populär machten, fehlen (bis auf einen). Besonders die ersten zehn Minuten erwecken Erwartungen, die dann doch nicht ganz erfüllt werden. Jeder Regisseur dieser Oper ist nicht zu beneiden, auch Lotfi Mansouri konnte die fast ständig von Männerrudeln blockierte Bühne nicht interessant machen, zumal auch dem Ausstatter Robert O'Hearn nichts Interessantes eingefallen ist. Vor allem das fehlende Licht, das Halbdunkel auf der Bühne fast einen ganzen Abend lang, ermüdet. Die Hauptdarsteller waren gut, wenn auch nicht faszinierend. Am ehesten noch Fran-co Bonissoli als Johnson (in Wirklichkeit der Räuber Ramerrez) und die blonde und hübsche Carol Ne-blett mit schöner Stimme, aber unpersönlichem Timbre und nicht ganz sicherer Höhe. Um einige Grade schwächer: Giangiacomo Guelfi als Sheriff und Nebenbuhler des Ramerrez, aber immerhin nicht so schlecht, daß er die grausamen Buhrufe am Ende der Vorstellung verdient hätte. — Vorzüglich, jedes Detail genau betreuend, der Schweizer Dirigent Silvio Varviso, bei uns kein Unbekannter. Er wurde demonstrativ, wie ein neuer Toscanini, gefeiert. Die vielen Männerchöre waren von Helmut Froschauer gut einstudiert. Am Schluß: mittelstarker Applaus.

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