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Pyromanisches

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Es sollte eine Oper mit normalem Orchester werden, dieses „Kleine Gomorra“, das Heinz Karl Gruber, Jahrgang 1943, auf einen Text von Richard Bietschacher schrieb. Aber bei den Wiener Festwochen wurde diese zweite Arena-Produktion mit Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ zusammengekoppelt. Daher mußte sich der Komponist mit den sechs Instrumentalisten aus dem Keuschnig-Ensemble begnügen. Nur ein Klavier kam noch hinzu. („Das wirkt jetzt wie der Mörtel beim Bau.“) Gruber gehört zur Gruppe MOB ART & tone Art“, die absichtlich, sozusagen demonstrativ, einfach, tonal und melodisch schreiben will. Das tat auch Kurt Weill in einer Zeit, da Modemismen aller Art, Polytonalität, Zwölfton- und Vierteltonmusik als zeitgemäß galten.

Wir haben von Gruber immer wieder einmal kleinere Sachen gehört und daraus die Überzeugung gewonnen, daß er ein guter Songkomponist ist und wohl der einzige, der das Erbe Weills antreten könnte. Obwohl in Nummern gegliedert, leidet Grubers einstündiges Werk jedoch an einer gewissen Verschwommenheit. Das kommt zum Teil auch daher, daß man von dem Text Bietschachers fast nichts versteht — und dies vor allem wegen der übermäßigen Lautstärke. (Diese elektrischen Apparate in der Arena sind ein Unglück). Die einfache Geschichte: In einer kleinen Stadt („Unsere kleine Stadt“) kämpfen ein Pyromane und ein Feuerwehrhauptmann gegeneinander. Der eine zündet alles an, der andere löscht so gründlich, daß der ganze Ort unter Wasser steht: Symbole von Linksund Rechtsextremismus. Hilarius Unhold wird von F. X. Lukas gesungen, sein Gegenspieler ist L. II-lavsky. Dann gibt es da noch eine kleine Liebesgeschichte zwischen Gwendolin (Diana Henery) und Augustin (F. Strack), und als Präsentator führt Gruber selbst durch die Geschichte. Besondere gesangliche Leistungen hatte man nicht erwartet, aber ein wenig mehr hätte es schon sein können.

Peter Keuschnig hielt das Ganze gut zusammen, denn diese Musik klingt einfacher, als sie zu exekutieren ist.

Freilich, mit der kunstvollen Einfachheit von Strawinskys Meisterwerk aus dem Jahr 1918, für das Charles Ferdinand Ramuz das Textbuch geschrieben hatte, darf man die Musik Grubers nicht vergleichen. Denn in der „Geschichte vom Soldaten“ sitzt jeder Ton, jedes gesprochene Wort. Das knapp einstündige Stück war für eine umherziehende Truppe geplant — und paßt in seiner Kargheit bestens in den Rahmen der „Arena“. Vorzüglich die Leistungen aller Mitwirkenden: des Erzählers Otto Clemens, des Soldaten Stephan Paryla, ein wenig outrie-rend: der von Michael Gampe gespielte Teufel. Sehr anmutig: Lilly Scheuermann als Prinzessin. Eine Glanzleistung: die Wiedergabe der Musik unter der Leitung von Peter Keuschnig. Zweckmäßig einfach auch die Ausstattung von Rolf Lan-genfass und die Regie von Rudolf Jusits. (Die des „Kleinen Gomorra“ ist schwer zu beurteilen. Davon wird es wahrscheinlich sowohl musikalisch als auch szenisch noch andere Fassungen geben).

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