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Statt Hartmann — Hindemith

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Nachdem das Symphonieorchester ies BR unter Rafael Kubelik, der es seit 15 Jahren leitet, mit Maihlers Neunter bei Publikum und Presse jinen so eindeutigen Erfolg verbu-shen konnte, ging man mit entspre-:heniden Erwartungen auch in das zweite Konzert. Aber viele mochten gekommen sein, um die angekündigte 6. Symphonie von Karl Amadeus Hartmann zu hören. Leider wurde sie. nicht gespielt, und statt ihrer standen Mozarts „Prager Symphonie“ und Hindemiths „Metamorphosen über Themen von Weber“ auf dem Programm. Kein schlechter 1. Teil, aber eben ein anderer, und wir möchten gerne bei dieser Gelegenheit an den vor etwa zehn Jahren verstorbenen Karl Amadeus Hartmann erinnern, der, 1895 in München geboren, dort ausgebildet wurde, und in München gewirkt hat; der wichtigste Vertreter des deutschen Neoexpressionis-mus. Mit seinen isechs Symphonien,, drei InstrumeiRalkfeiteftrteÄ/'Kanta-* ten und Kammermusik hat er ein ebenso bedeutendes, wie originelles Opus von großer expressiver Gewalt hinterlassen, von dem man aber in Wien so gut wie nichts kennt (lediglich die 6. Symphonie wurde einmal im Konzertihaus, vor sehr vielen Jahren, aufgeführt). Aber eine ebenso große Leistung erbrachte Hartmann auf organisatorischem und musikerzieherischem Gebiet: In der von ihm bereits 1945 gegründeten Musica-Viva-Reihe brachte er alles, was damals Rang und Namen hatte, besonders die Klassiker der Moderne, einem unter Informationsmangel leidenden Publikum zur Kenntnis — und hatte damit einen durchschlagenden Erfolg. Nach seinem Beispiel sind in mehreren europäischen Städten ähnliche Zyklen entstanden und haben zum Verständnis der Neuen Musik unermeßlich viel beigetragen. Wie man damals hörte, waren sämtliche Musica-Viva-Konzerte immer ausverkauft, denn ihre Programme hatte Hartmann nach dem von Brecht im Theater praktizierten Prinzip zusammengestellt: „Mit Essig fängt man keine Fliegen“. Wir empfehlen also bei dieser Gelegenheit unseren Veranstaltern: Mehr Hartmann!

Mozarts D-Dur-Symphonie, unmittelbar vor der 'großen Schluß-Trias entstanden, haben wir selten so präzis, ausdrucksvoll und beschwingt gehört. Hindemiths „Metamorphosen“ sind ja ein etwas hemdsärmeliges Stück, eines seiner populärsten aus der amerikanischen Periode, 1943 entstanden, und besonders den ScMußmarsoh haben die Gäste aus München mit offensichtlichem Behagen gespielt. Doch fehlt es auch an Zartheit und Stimmung nicht, so im Scherzo und im Moderato-Teil.

Bei Dvofäk unter des Pragers Kubelik Leitung konnte nichts schief gehen, und so erklang denn dessen VIII. Symphonie (nach der alten Zählung die vierte) mit jenem Lokalkolorit, das wir, wenn nicht allzu dick aufgetragen, sehr zu schätzen wissen.

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