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Vorschläge für das Gespräch

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Eine der umstrittensten Gestalten der griechischen Kirche, aber sicher eine deren einflußreichsten Persönlichkeiten, der berühmte Athener Prediger Augustinus Kantiotes, hat unlängst den ökumenischen Dialog durch eine konkrete Stellungnahme zur Frage katholisch-orthodoxer Gespräche bereichert Archimandrit Augustinos hat dabei zwar nicht offiziell im Namen des Erzbischofs und der Synode gesprochen, doch ist gerade seine Stellung im kirchlichen Leben Griechenlands so bedeutend, daß seine Haltung für spätere verbindliche Entscheidungen ausschlaggebend sein kann.

Wer von Pater Kantiotes nur anläßlich des von ihm organisierten Sturmes auf die unierte Pfarrkirche von Athen oder seines leidenschaftlichen Kampfes gegen Schönheitskonkurrenzen und Tanzereien gehört hat, könnte ihn. für einen düsteren Fanatiker halten. Ein Besuch der von ihm aus dem Nichts aufgebauten Waisenhäuser, Konvikte und anderer karitativer Einrichtungen, denen er persönlich mit unermüdlicher Energie und Liebenswürdigkeit vorsteht, belehren einen jedoch eines Besseren. Und gerade das christliche Beispiel, das seine aufrüttelnden Predigten bekräftigte, gewann dem Erzbistum Athen viele laue und entfremdete Großstadtchristen zurück. Die Bedeutung des einfachen Predigers, der schon mehrmals die bischöfliche Würde ausschlug, erreichte ungeahnte Ausmaße. Er führte den Widerstand gegen den unwürdigen Erzbischof Jakobos, der zum Rücktritt gezwungen wurde, wandte sich gegen das traurige Vorbild vieler griechischer Bischöfe und wurde in letzter Zeit das Haupt der gegen Patriarch Athenagoras I. von Konstantinopel gerichteten Bewegung. So muß gerade seinen Ausführungen besondere Aufmerksamkeit zugewandt werden, die er in, der vpr-letrteÄÄ*.irfennmiir deirv itaSpUHaft („FuftkeSJj; ten craeistgelesfeef-'iMi*“ giösen Zeitschrift Griechenlands, veröffentlicht hat

Unter dem Titel „Der Vatikan“ verurteilt Augustinos Kantiotes eingehend die weltliche Politik der Päpste vergangener Zeiten, der er eine aufrichtige Würdigung der Persönlichkeit Johannes' XXIII. und der bisherigen Erklärungen und Bemühungen Pauls VI. gegenüberstellt. Die vom Heiligen Vater ausgesprochene Bitte an die christlichen Brüder, das ihnen von katholischer Seite angetane Unrecht zu verzeihen, möge jedoch auch die Abstellung noch bestehender Ungerechtigkeiten bewirken, deren Beseitigung die griechische Kirche als Vorbedingung für einen erfolgreichen Dialog mit der katholischen Kirche betrachtet.

Hier geht es zunächst um die von Kardinal Humbert und seinen Begleitern 1054 auf dem Altar der Hagia Sophia niedergelegte Bannbulle, die ungerechtfertigte Vorwürfe gegen die Orthodoxen erhob und sie mit Ardanern und Manichä-ern auf eine Stufe stellte. Die griechische Kirche verlangt nun von Rom als Beweis seines guten Willens den Widerruf dieses Dokuments. Dazu ist katholischerseits zu bemerken, daß der Inhalt der Erklärungauch die Berechtigung ihres Erlasses heute allgemein, abgelehnt beziehungsweise bezweifelt werden, so daß ihr offizieller Widerruf nur die Bestätigung der von der katholischen Konfessionskunde und Kirchengeschichte längst erarbeiteten Einsicht zugleich aber eine entscheidende Geste den Orthodoxen gegenüber darstellen würde.

Noch leichter ließe stich die zweite von Pater Augustinos genannte Bedingung erfüllen: Der kleinen Herde römisch-katholischer Griechen stehen nicht weniger als vier Bischöfe und ein Erzbischof vor, während die Einsetzung orthodoxer Bischöfe in Italien nicht gestattet wird, obwohl die Zahl der dortigen Griechen die der Katholiken Griechenlands übersteigt.

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