rachmaninow - © Foto: imago / Gemini Collection

Sergej Rachmaninow: Welterfolg in cis-Moll

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Weltberühmt mit einem Stück: Am 1. April jährte sich der Geburtstag von Sergej Rachmaninow zum 150 Mal. Vor 80 Jahren, am 28. März 1943, verstarb der russische Komponist, der mit seinem Prélude in cis-Moll einen Evergreen der klassischen Klaviermusik schuf.

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Weltberühmt mit einem Stück: Am 1. April jährte sich der Geburtstag von Sergej Rachmaninow zum 150 Mal. Vor 80 Jahren, am 28. März 1943, verstarb der russische Komponist, der mit seinem Prélude in cis-Moll einen Evergreen der klassischen Klaviermusik schuf.

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Ist populär mit schlecht gleichzusetzen, schön mit billig? Wer will sich schon einfachen Geschmack vorwerfen, sich gar der Niveaulosigkeit bezeichnen lassen? Etwa, wenn man sich als Fan von Rachmaninows cis-Moll-Prélude outet. Diesem Stück, mit dem fortgeschrittene Klavierschüler oft geplagt werden und das wiederholt als Zugabe von Virtuosen geradezu herbeigesehnt wird, verdankt Sergej Rachmaninow seine weit über den Kreis von Klassik-Kennern wie -Liebhabern hinausgehende Bekanntheit.

Schon fatal, wenn man sich als Komponist im Wesentlichen auf ein Opus reduziert sieht, obwohl dieses nur den Bruchteil eines reichhaltigen Schaffens ausmacht. Rachmaninow ist damit nicht alleine. Mit diesem Faktum sahen sich auch Camille Saint-Saëns oder Sergei Prokofjew konfrontiert, die von vielen bis heute so gut wie ausschließlich mit dem „Karneval der Tiere“ oder dem musikalischen Märchen „Peter und der Wolf“ in Verbindung gebracht werden. Aber ist es nicht besser, wenigstens mit einem Werk zu überleben, als völlig in Vergessenheit zu geraten?

Rachmaninows Freude hielt sich jedenfalls in Grenzen, wenn das Publikum immer wieder dieses Prélude aus seinem fünfteiligen Opus 3 aus dem Jahr 1892 von ihm hören wollte. Dabei fand es bei seiner Uraufführung am 26. September 1892 wenig Beachtung. Jahrzehnte später war das schon anders, wie man einer Rezension von Ernst Newman über einen Auftritt Rachmaninows 1928 in der Londoner Queens Hall entnehmen kann, als er in der „Times“ schrieb: „Mit diesem kleinen Versuch seiner Byronschen Jugend hat er sein Glück gemacht, denn für die allgemeine Öffentlichkeit gilt dieses Prélude für Rachmaninow wie für Chaplin ein paar Sackhosen und übergroße Schuhe.“

„Vulgär-Töner“ für Tastenlöwen?

Gewiefte Veranstalter taten ein Übriges, um sich dieses cis-Moll-Opusʼ als gewinnbringendes Geschäftsmodell zu bedienen. Sie avisierten es als „Brand von Moskau“, „Jüngstes Gericht“ oder „Moskauer Walzer“, um damit die Neugier des Publikums für Konzerte, auf denen dieser Rachmaninow auf dem Programm stand, noch weiter zu befördern. Der in seinen Emotionen stets zurückhaltende, geradezu skrupulös diskrete Komponist - man kann es auf seinen zahlreichen Einspielungen nachprüfen – hatte mit all dem nichts in Sinn. Im Gegenteil, er verbat sich jedwede bilderhafte Erklärung dieses Stücks. „Wenn wir die Psychologie des Préludes erkennen sollen, lassen Sie es so verstehen, dass es seine Funktion nicht ist, eine Stimmung auszudrücken, sondern sie herbeizuführen“, brachte er in einem Interview die Angelegenheit in seiner nüchternen Intellektualität auf den Punkt. Das Prélude ist absolute Musik, hat nichts mit irgendwelchen programmatischen Absichten zu tun, lautete sein Resümee. Gefruchtet hat diese Analyse nicht. Das veranlasste ihn 1921 zur Aussage: „Andere Préludes gefallen mir wesentlich besser.“ Auch das konnte weder den bis heute andauernden Welterfolg dieses cis-Moll-Prélude bremsen, noch erreichte Rachmaninow damit, dass man auch seinen übrigen Werken die gebührende Wertschätzung zollt.

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