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„Österreich 1933-1938“

19451960198020002020

Zu dem Budie von H. Huebmer: Österreich 1933—1938. österreichischer Verlag, Wien 1949, 192 Seiten. S 12.—.

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Zu dem Budie von H. Huebmer: Österreich 1933—1938. österreichischer Verlag, Wien 1949, 192 Seiten. S 12.—.

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Der Verfasser dieses Budies skizziert kurz die politische Geschichte Österreichs nach dem ersten Weltkrieg, die Entwicklung in Deutschland vor und nach der Machtergreifung Hitlers, den Faschismus in verschiedenen Ländern Europas und sein Werben in Österreich, um dann die innerpolitischen Ereignisse unter Dollfuß und Schuschnigg zu behandeln. Daß sich diese nicht in objektiver, geschichtlicher, unanfechtbarer Darstellung geben lassen, ist klar. Der zeitliche Abstand ist zu gering und die bekannten Quellen noch zu spärlich Jeder Versuch einer richtigen Darstellung wird mehr oder weniger von subjektiver Auffassung zeugen. Dr. Huebmer tritt an seine Aufgabe etwa als demokratischer Christlichsozialer heran. Der Heimwehr steht er sehr kritisch, dem autoritären System mit Reserve gegenüber. Daß Dollfuß und Schuichnigg einen ehrlichen Kampf um die Selbständigkeit Österreichs in bester Absicht und mit gutem Willen geführt haben, davon sind mit Dr. Huebmer wohl die meisten Österreicher überzeugt. Auch davon, daß beim Einschlagen anderer Wege das Ende das gleiche gewesen wäre: die Vergewaltigung durch das Dritte Reich. Die Zwangsläufigkeit war gegeben.

Der größere Teil von Dr. Huebmers Buch behandelt diese internationalen Verhältnisse, die Aufeinanderfolge und das Ineinandergreifen der Geschehnisse, ihre Rückwirkung auf die Opposition im Innern, den Wechsel der Bündnisse, die Blindheit der Westmächte gegen die wahren Ziele Hitlers. Dr. Huebmer stützt sich dabei auf Protokolle, authentische Aufzeichnungen, Briefe und verbürgte Äußerungen. Es sind ja inzwischen Publikationen aus den deutschen Archiven erfolgt, und in den Nürnberger Prozessen sowie im Wiener Prozeß gegen Altbundesminister Dr. Guido Schmidt wurde viel Aktenmaterial produziert und Zeugenbeweise geboten. Das alles hat der Verfasser mit großem Fleiß gesammelt, in Zusammenhang gebracht und zu einem geschichtlichen Abriß verarbeitet. Er hat uns ein Werk vorgelegt, das über das Niveau einer journalistischen Leistung hinausragt. Es ist in diesen Partien Geschichte, belegte Geschichte, wenn auch nur über den Zeitabschnitt von sechs Jahren. Diese geschichtliche E arstellung kann durch Erschließung neuer Quellen ausgebaut, sie kann umspannenderer Geschichtsbetrachtung eingegliedert werden, aber erschüttert dürfte sie kaum mehr werden. Es ist insbesondere der Beweis erbracht, daß die Kanzler Dollfuß und v. Schuschnigg bei den westlichen Demokratien und in Prag Hilfe gesucht und nicht gefunden haben, daß sie sie notgedrungen und nicht aus faschistischen Neigungen nehmen mußten, wo sie wenigtens eine Zeitlang zu finden war, das ist in Italien. Es ist auch erwiesen, daß sie ein friedliches Verhältnis zu Berlin nur zu gerne hergestellt hätten, wenn es ohne Preisgabe der Selbständigkeit Österreichs möglich gewesen wäre.

Das vorliegende Buch ist das erste, das über die kritische Zeit umfassende, belegte und begründete Auskunft gibt. Die am Schluß angefügte Zeittafel von 1932 bis 1938 gibt mit ihren chronologisch geordneten Schlagworten die Möglichkeit rascher zeitlicher Orientierung und erhöht den Wert des Buches. Man möchte nur wünschen, daß es noch um ein Namens- und Sachregister bereichert würde.

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