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Digital In Arbeit

Bildung zählt beim Zahlen

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Eine Studie belegt es: Männer verdienen um 58 Prozent mehr als Frauen. Staatssekretärin Fast und Siemens-Direktor Hübl versuchen das Mißverhältnis zu erklären.

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Eine Studie belegt es: Männer verdienen um 58 Prozent mehr als Frauen. Staatssekretärin Fast und Siemens-Direktor Hübl versuchen das Mißverhältnis zu erklären.

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Ich habe diese Studie zum Anlaß genommen, in dem Unternehmen, in welchem ich tätig bin, die Verdienstsituation der Frauen und Männer zu untersuchen.

In der elektrotechnischen Industrie verdienen die Männer laut Studie im Schnitt um 48 Prozent mehr als die Frauen. Dieser Unterschied ergibt sich auch in etwa bei einem Gesamtvergleich in meiner Firma, womit die Aussage „Frauen verdienen weit weniger als Männer“ verifiziert ist.

Damit ist aber die daraus gezogene Schlußfolgerung einer krassen Diskriminierung der Frau im Berufsleben nicht erwiesen.

Jeder Gesamtvergleich ignoriert eine ganze Reihe von Kriterien, die für die Lohn- bzw. Gehaltsbemessung wesentlich sind, wie etwa die Qualifikation der Arbeit und die Dauer der Firmenzugehörigkeit.

Abbildung 1 A zeigt, wieviel Prozent der Frauen und Männer in den einzelnen Lohngruppen tätig sind. Dadurch ist zunächst erklärt, daß Männer (vorwiegend Facharbeiter) im Gesamtdurchschnitt in unserem Unternehmen um 37 Prozent mehr verdienen als Frauen, die vorwiegend als angelernte Arbeitskräfte tätig sind.

In Abbildung 1B ist die Personalstruktur hinsichtlich der Ver

wendungsgruppe im Bereich der Software-Entwicklung dargestellt. Zum Unterschied zum Produktionsbereich sind nur relativ geringe Unterschiede festzustellen.

Geht man weiter ins Detail und vergleicht die Durchschnittsverdienste von Männern und Frauen je Lohn- bzw. Verwendungsgrup-

pe und damit Verdienste für gleiche Tätigkeiten, so reduziert sich der Einkommensunterschied beträchtlich (Abbildung 2).

Das aus Abbildung 2 ersichtliche Zurückbleiben der Durchschnittsverdienste von Frauen hat mehrere Ursachen. Die zwei wesentlichsten sind: Die im Durchschnitt kürzere Firmenzugehörigkeit und das meist niedrigere Bildungsniveau.

Die kürzere Firmenzugehörigkeit (sie geht insbesondere bei den Angestellten durch die im Kollektivvertrag vorgesehenen zweijährigen Vorrückungen in das Gehalt unmittelbar ein) ergibt sich aus dem Umstand, daß Frauen ihr Berufsleben zur Familiengründung vielfach auf mehrere Jahre unterbrechen.

Das Ausbildungsniveau wird auch in der Studie für das Zurückbleiben der Durchschnittsgehälter bei Frauen angeführt. Hinsichtlich der Vorbildung ist unbestritten, daß bei jungen Mitarbeitern für den Produktionsbereich Unterschiede bestehen. Die jungen Männer beginnen in wesentlich größerer Anzahl als Facharbeiter ihr Berufsleben, während junge Frauen vielfach als „ungelernte Arbeitskräfte“ tätig werden.

Mein Unternehmen bemüht sich, hier zu helfen, und Mädchen, die eine einschlägige Facharbeiterausbildung machen wollen, als Lehrlinge auch für „typische Männerberufe“ aufzunehmen. Bei neueintretenden Mitarbeitern mit Fach-, Mittel- und Hochschulausbildung bestehen keine Unterschiede in den Einstellbedingungen für Männer und Frauen.

Für den beruflichen Aufstieg ist aber auch die innerbetriebliche Aus- und Weiterbildung maßgebend. Die Studie stellt eine Benachteiligung von Frauen fest. Es ist nicht zu bestreiten, daß Frauen bei einem Globalvergleich bei Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen unterproportional berücksichtigt werden. So haben in meinem Unternehmen bei einem Anteil von 25 Prozent Frauen (von den Angestellten) nur rund 15 Prozent an Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen.

Weiterbildende Maßnahmen sind gerade in einem technisch orientierten Unternehmen oft auf Bereiche konzentriert, wo derzeit noch wenige Frauen tätig sind. Wo Frauen gleiche Tätigkeiten ausüben, wie in der schon zitierten Softwarenentwicklung, ist deren Weiterbildung aber ein unabdingbares Erfordernis.

Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Tatsache, daß Frauen weniger verdienen als Männer hat im großen und ganzen reale Gründe. Nicht die Feststellung des Tatbestandes allein wird eine erstrebenswerte Veränderung herbeiführen, sondern die Analyse der Ursachen und deren langfristige Behebung, wie sie insbesondere in einer bedarfsgerechteren und besseren Ausbildung der weiblichen Jugend bestünde.

Das durch die Stellung der Frau in der Familie bedingte zeitweise Ausscheiden aus dem Arbeitsprozeß wird ihr im Regelfall auch künftig Nachteile gegenüber den auf das Berufsleben konzentrierten männlichen und weiblichen Kollegen bringen.

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