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Um die Sinnantwort im Spitzensport

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Was hat die Seelsorge mit dem Sport zu tun? Hat da nicht eher der Psychologe als der Priester ein Wort mitzureden? Spitzensportler, Trainer, Psychologen und Theologen diskutierten darüber kürzlich vor der Christlichen Sportakademie im Bildungshaus Neuwaldegg, nachdem Univ.-Prof. Gi- selher Guttmann, selbst aktiver Sportler, über Methoden und Grundlagen der Sportpsychologie eingeleitet hatte.

Die Diskussion stand von Haus aus unter dem Eindruck der wissenschaftsmethodischen Einschätzung der Sportpsychologie durch Prof. Guttmann und den Versuchen anderer Teilnehmer, den Spitzensport als solchen mindest teilweise in Frage zu stellen. Eindeutig war das U rteil über die Seelsorge bei Spitzensportlern, daß es sich hier, aus einer ganzheitlichen Sicht des Menschen im Sport, um eine Form der Beratung des Sportlers und der Sportfunktionäre aus einer Sinnantwort über den Sport hinaus handelt, anders als bei den Möglichkeiten der Sportpsychologie als empirisch betonte Wissenschaft. Dennoch wurde eine respektvolle Nachbarschaft zwischen den beiden Aufgaben als sehr wichtig angesehen.

Im Gewissensbereich

Die Mitarbeit des Seelsorgers liegt vor allem im Gewissens- und Sinnbereich. Die Botschaft Jesu soll auch dem Spitzensportler unverkürzt verkündet werden. Die Psychologie hingegen hätte sich noch besonders mit Problemen des Leistungsstreß und anderer psychischer Belastungen des Sportlers zu befassen. Der Sportler selbst und der Sportfunktionär kann von der Psychologie Hilfe bekommen, die Frage der Motivation und der Motive für den Sport und der Beurteilung moralischer Probleme sind ihm aber unabnehmbar.

Gewarnt wurde vor Auswüchsen bei Schulyersuchen und Leistungsmodellen für den Sport, daß die Limits für Trainingsbelastungen und Wettkampf- .anforderungen nicht immer genügend gesehen würden. Sportler und Trainer bekommen von der Gesellschaft her bestimmte Leistungserwartungen aufgebürdet. Nicht immer ist es leicht, den Weg nach psychologischen und seelsorglichen Gesichtspunkten bei einzelnen Problemen zu finden.

Zur Bewältigung der verschiedenen Probleme und Situationen im Sport wäre die Voraussetzung eine gefestigte Persönlichkeit des Sportlers. Vielfach aber wirken sich frühe Jugend, Zeitumstände und Anforderungen aus, noch bevor es zu einer grundlegenden Persönlichkeitsentfaltung des Sportlers gekommen ist. Gerade der Einfluß der Medien auf den Sportfunktionär und den Sportler wird oft als unpsychologisch und die Menschenwürde gefährdend angesehen. Die Möglichkeiten der Sportpsychologie würden nach Guttmann heute einerseits zuwenig erkannt, in anderen Bereichen aber überschätzt. Die Forderungen nach einer verstärkten sportpsychologischen Schulung ergäbe sich daraus.

Zwischen Fitneß und Hochleistung

In der Diskussion zeigte sich, daß die Problematik der Sinnhaftigkeit des Spitzensports und das Zueinander von Fitneßsport und Hochleistungssport sehr aktuell und in Zukunft noch weiter diskussionswürdig sind. Anders als bei einer nüchternen Sicht der Möglichkeiten der Sportpsychologie, wären hier aber weltanschauliche Ansätze zuständig. In einigen Wortmeldungen sprach sich Wilfried Daim gegen die Rolle des Leistungssports in der Gesellschaft von heute aus. Die sportideologischen Rechtfertigungen des Hochleistungssportes von heute würden in Wahrheit nicht zutreffen. Auf lange Sicht sei eine Abkehr von dieser Art Sport um jeden Preis zu erwarten.

Prof. Raimund Sobotka ging der Faszination des modernen Hochleistungssportes nach und sah durch ihn eine Reihe wichtiger Bedürfnisse befriedigt. Er bekannte sich zum Eigenwert des Sports und zur Notwendigkeit, daß der Sportler eine entsprechend gefestigte Persönlichkeit sein müsse.

Militärkurat Julius Hanak befaßte sich mit der Sinnfrage des Hochleistungssports und sah darin die Möglichkeit einer Lebensbewältigung unter entsprechend sittlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen. Kaplan Fritz Prechtl betonte, daß im Spitzensport eben Menschen lebten, mit ihren Anliegen und ihren Problemen, daß diese Menschen oft sehr rasch in eine Vorbüdrolle hineingekjėi$ Würden, daß sie aber im Falle ihres sportlichen Versagens oft allein gelassen würden. Daraus schloß er auf die Notwendigkeit einer Seelsorge auch auf diesen Bereich.

Einige Diskussionsteilnehmer stellten auch die Ambivalenz des Sports heraus, der einer humanen Sinnerfüllung dienen könne, aber auch zu einer inhumanen Manipulation führen könne. Sie forderten daher eine kritische Haltung gegenüber bestimmten Entwicklungen und eine wissenschaftliche Gesamtbemühung von den verschiedenen Disziplinen her, wie ebenso eine Bemühung von Seiten der Gesellschaft und der gesellschaftlichen Kräfte, wozu auch die Kirchen gehören, den Sport unter Vermeidung von unmenschlichen Auswüchsen in den Dienst der Humanität zu stellen.

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