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Kein Schaden für die Familie

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Am 1. Mai tritt das neue Namensrecht in Kraft: viel Raum für persönliche Entscheidung mit einem Rest „europäischer Tradition”.

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Am 1. Mai tritt das neue Namensrecht in Kraft: viel Raum für persönliche Entscheidung mit einem Rest „europäischer Tradition”.

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Obwohl man derzeit oft den Eindruck hat, es ginge in der Politik sozusagen nichts weiter, werden doch immer wieder auch sehr wichtige Entscheidungen durch das Parlament getroffen. Ein Beispiel dafür ist die Reform des Namensrechtes, die am 1. Mai in Kraft treten wird. Dabei handelt es sich keineswegs um eine einfache, weil nämlich sozusagen weltanschaulich belastete Materie. Hier geht es schließlich um die grundsätzliche Sicht familiärer Bindungen. Für jene, die ihnen überholt erscheinende Formen einer „bürgerlichen” Gesellschaft und deren Moral Vorstellungen am liebsten über Bord werfen würden, bietet die Bedeutung, welche im Namen liegt, ein willkommenes Exerzierfeld ihrer (vermeintlich) progressiven Ideen.

Dementsprechend hat die von den Parteien gemeinsam gefundene Neuregelung ein gewisses Nachgeben der ÖVP als Vertreterin eher traditioneller Positionen verlangt. Der Kompromiß bewegt sich aber in einem durchaus vernünftigen Bah-men und die erarbeiteten Lösungen können guten Gewissens als gelungen bezeichnet werden. Ihr Kern ist, daß hinkünftig Mann und Frau trotz Eheschließung ihren bisherigen Familiennamen beibehalten können. Es mag das geschehen, weil die Frau sich entweder - etwa in Beruf, Kunst oder Wissenschaft - schon „einen Namen gemacht hat” oder weil es ihrem Verständnis von der Wahrung eigener Identität entspricht. Eine solche Entscheidung wird nun allein in ihre Hand gelegt.

Durch die Beform wird ferner die schon früher eingeführte Möglichkeit, einen Doppelnamen zu tragen, erweitert, aber auch strikter geregelt. Es wird nun zugelassen, daß der Geburtsname zuerst angegeben, also dem Bindestrich vorangestellt wird. Der - so oder auch umgekehrt gebildete - Doppelname kann nicht mehr nur im täglichen Umgang geführt werden, sondern wird verpflichtend zum vollwertigen Namen, der also auch in allen Personaldokumenten aufscheint. Auch hier wird, und zwar in gleicher Weise für beide Eheleute, eine persönliche Entscheidungsmöglichkeit eröffnet. Sie hat keine Auswirkung auf die Nachkommen.

Die neugeschaffenen Bestimmungen erfordern natürlich eine Bege-lung für die Kinder von Eltern, welche verheiratet sind, aber keinen gemeinsamen Namen mehr - auch nicht als Teil eines Doppelnamens -tragen. Geschwister sollen jedenfalls gleich heißen. Konsequenterweise hat man auch hier der gemeinsamen

Entscheidung der Eheleute Vorrang gegeben. Sie muß - wie übrigens alle Erklärungen zur Wahl eines Namens - spätestens bei der Eheschließung dem Standesbeamten vorliegen. Kommt es zu keiner Einigung, obwohl sich die Braut für die Beibehaltung ihres Namens entschieden hat, erhalten die Kinder den Namen des Vaters. Interessant ist, daß die Abgeordneten des Justizausschusses diese ihre Lösung ausdrücklich mit „den Traditionen in Europa” begründet haben. Man muß freilich hinzufügen, daß hier als denkbare Alternative nur noch Absurditäten zur Verfügung gestanden wären, wie etwa ein Losentscheid oder ein Rückgriff auf das Geschlecht der Kinder.

All diese Neuerungen werden in einer an sich sehr einfachen und logischen Gesetzesformel zusammengefaßt. Wenn es. bis zur Trauung keine abweichende Erklärung gibt, führt die neugegründete Familie auf Dauer den Geburtsnamen des Mannes. Es ist - wie schon seit der letzten Reform - zulässig, daß sich die Brautleute gemeinsam für den Namen der Frau entscheiden. Dazu kommt nun die Möglichkeit, daß sich die Verlobte - aber auch wieder bis spätestens zum Trauungsakt! ~ dazu entschließt, ihren Mädchennamen beizubehalten. Mann und Frau können sich für einen Doppelnamen in frei gewählter Reihenfolge entscheiden, der gleichsam zum „offiziellen” Namen wird. Ris zum Jahr 2007 können die Neuerungen des Namensrechtes auch für bereits bestehende Ehen nachgeholt werden. Binnen dieser Frist kann sich die Frau also auch nachträglich für ihren Geburtsnamen entscheiden und ein Doppelname kann von beiden Partnern als vollwertig neugebildet werden.

Diese beschlossenen Änderungen stoßen da und dort noch immer auf Skepsis und Kritik. Die Beform abzuwehren und' damit quasi das Abendland retten zu wollen, wäre aber wohl nicht vernünftig und auf die Dauer auch nicht durchsetzbar gewesen. Bei aller Bedeutung des Namens und seiner Symbolik: Die Institution der Ehe ist in ihrer Existenz durch das geänderte Namensrecht keinesfalls berührt. Eheliche Kinder tragen gemeinsam den Namen wenigstens eines Elternteils, was die Einheitlichkeit der Familie sichtbar macht. Auch andere europäische Länder kennen schon lange solche oder ähnliche Regelungen. Es geht dabei auch um das in der pluralistischen Demokratie erwünschte Zulassen von abweichenden Verhaltensweisen, welche keine wirkliche Schädlichkeit erkennen lassen.

Keineswegs haben wir als Folge der neuen Gesetzeslage einen Untergang unserer kulturellen Tradition hinsichtlich des Auftretens von Ehepaaren mit dem bedeutsamen Rand des gemeinsamen Namens zu befürchten. In der Bevölkerung besteht vielmehr eine starke Neigung, die überlieferten Regeln beizubehalten. Selbst von der schon vor Jahren eröffneten und allseits bejahten Möglichkeit, daß Eheleute den Geburtsnamen der Braut wählen, haben nur knapp zwei Prozent Gebrauch macht. Gründe einer Frau dafür, nach der Verheiratung ihren Namen beizubehalten, sollte man jedenfalls respektieren, auch wenn die daraus entstehende Situation dem einen oder anderen heute noch exotisch vorkommen mag. Viel wesentlicher ist, daß sie sich zur Ehe als der höchsten und durch das Becht geschützten Form menschlichen Zusammenlebens entschieden hat. Unter diesem Gesichtspunkt sollten wir einfach abwarten, wie sich das neue Namensrecht bewährt und wie sehr es von den Menschen akzeptiert wird. Geschieht dies in erheblichem Umfang, war die Beform nötig. Werden die neu geschaffenen Möglichkeiten aber nicht wirklich angenommen, ist erst recht kein Nachteil für Wert und Ansehen der Ehe zu befürchten.

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