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Wer allzu wörtlich nimmt, was so dahergeredet und -geschrieben wird, gerät leicht in den Geruch der Kleinlichkeit. Schließlich zählt der Inhalt (als existierte einer jenseits des Sprachlichen). Schließlich entwickelt sich die Sprache weiter (aber es sind doch wir, die sie entwickeln). Schließlich ist die Schönheit eines Wortes subjektiv (von Schönheit ist freilich sonst allenthalben ungeniert die Rede).

Modewörter, englische und piefkinesische, haben bei uns, satellitengestützt, immer leichteres Spiel. Ich erinnere mich an eine Philippika, die der Literatur- und Sprachkritiker Edwin Hartl, Krausianer aus eigener Anhörung, im "Wiener Journal" gegen das vor etwa fünfzehn Jahren in Mode gekommene Wort unverzichtbar entfesselte: Adjektiva auf "-bar" könnten nur nach transitiven Verben gebildet werden (essbar, verwertbar), verzichten sei aber - ohne die Präposition "auf" - intransitiv, ergo selbstgenügsam, ergo völlig ungeeignet für jede adjektivische Gebarung.

Die Lektüre jener Glosse hat mir, so lange ich lebe, den Gebrauch des inkriminierten Wortes nicht nur verleidet, sondern unmöglich gemacht. Die meisten Sprachbenutzer freilich scherte diese grammatische Widerlegung nicht. Ja, das Wort unverzichtbar scheint mittlerweile tatsächlich unverzichtbar geworden zu sein. Erstaunlich ist dabei nicht der modisch beflügelte Siegeszug eines synthetischen Wortes, sondern die Totalität seines Triumphes: Als existierte eine neu begründete Übereinkunft, nur noch das siegreiche und keinesfalls das ehemals übliche Wort zu verwenden. Wenn Ihnen jetzt erst nach einigem Nachdenken das Vokabel unentbehrlich einfällt, wissen Sie, was ich meine. Bislang war auch dem unbescholtenen Wörtlein bisher keine Rehabilitation beschieden. Sprachregelung auf demokratisch.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin in Wien.

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