Die "Rivalin Gottes" ist kein Betriebsunfall

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Odette Desfonds schildert das schwierige Leben und das sehr oft erschütternde Schicksal von Priesterfrauen.

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Odette Desfonds schildert das schwierige Leben und das sehr oft erschütternde Schicksal von Priesterfrauen.

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Ein Plädoyer für die Liebe zwischen Mann und Frau, die auch einem Priester "passieren" kann, legt die Französin Odette Desfonds in ihrem Buch "Rivalinnen Gottes" vor. Desfonds ist selbst mit einem ehemaligen römisch-katholischen Priester verheiratet, nachdem sie alle Stadien dieser schwierigen Beziehung durchlebt hat: die Heimlichkeiten, die Forderung des Bischofs nach dem "Wahren des Scheins", eine ungeplante Schwangerschaft und schließlich den Schritt in die Öffentlichkeit - bis in die Medien.

Dieser Schritt hat hat sie mit zahlreichen "Frauen im Schatten" in Kontakt gebracht, die in einer häufig streng geheimgehaltenen Beziehung mit einem Priester leben oder einen ehemaligen Priester geheiratet haben. Berührend und wütend schildert sie Schicksale von Frauen, die ihren Partner über Jahrzehnte nur heimlich treffen können, ewig in der Angst leben, die Gemeinde könnte Verdacht schöpfen, dem gehässigen Gerede von Leuten ausgeliefert, die in ihnen unmoralische und selbstsüchtige Verführerinnen sehen.

Entscheidet sich ein Priester für das Öffentlichmachen seiner Beziehung, sind es wieder die Frauen, auf die von kirchlicher Seite Druck ausgeübt wird, sich doch mit der Rolle als heimliche Geliebte zufriedenzugeben - für allfällige Kinder würde man schon ausreichend sorgen.

Aus jeder Zeile des Buches wird Desfonds persönliche Betroffenheit spürbar, die Wut und der Schmerz über Diskriminierung und Demütigung, aber auch die Hoffnung, daß die "Rivalinnen Gottes" aus der Erkenntnis, daß sie keine Einzelfälle sind, Kraft schöpfen können und auch die römisch-katholische Kirche eines Tages einsehen wird, daß das Priesteramt nicht zwingenderweise an die Ehelosigkeit gekoppelt bleiben muß.

Ihre Feder sei mehr von ihrem Herzen als von fachlicher Kompetenz geführt worden, gibt die Autorin unumwunden zu. Wer von ihr theologische Argumente gegen die Zölibatsverpflichtung erwartet, wird diese in ihrem Buch nicht finden. Statt dessen wartet Desfonds mit bisweilen befremdlich anmutenden Appellen an die Leser, die Frauen, deren Schicksale sie schildert, und die Bischöfe auf. Nichtsdestoweniger wird das Buch dem Vorsatz, die Leser "durch eine Portraitgalerie zu führen" und dabei typische Konfliktsituationen und Mechanismen aufzuzeigen, auf eine sehr sympathische Weise durchaus gerecht.

RIVALINNEN GOTTES Priesterfrauen schweigen nicht länger Von Odette Desfonds, Übersetzung: Cornelia Gragger, Otto Müller Verlag, Salzburg 1997, 172 Seiten, geb, öS 220.-

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