Im Zeichen des Würstels

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Es soll niemand sagen, dass die Kunst nicht ihren Mann ernährt. Und ihre Frau. Der Sommer ist die Zeit der Empfänge und Abschlussheurigen, bei denen die sogenannten Kunstschaffenden, aber auch die Kunstkommentierenden und Kunstadministrierenden sich versammeln, um nach des Tages Hitz' und Plag' Erquickung und Labung zu finden. Ich zum Beispiel war unlängst beim "Open House"-Empfang des Kunstministers, mit einer deutschen Kollegin, die ich an den Wundern der Wiener Gastlichkeit teilhaben lassen wollte.

Als wir uns mit angemessen dosierter Unpünktlichkeit am Minoritenplatz einfanden, da war tatsächlich Open House, denn weder der Portier noch die umherstehenden Beamten zeigten das geringste Interesse an unserer Einladungskarte. Schnurstracks vorgestoßen in die Prunkgemächer, wunderten wir uns doch angesichts der Intimität des Events - wir waren die einzigen Gäste. Der Irrtum war bald aufgeklärt: Palais Dietrichstein, nicht Starhemberg, wo die Bildung zu Hause ist. Im Hof zwei Häuser weiter herrschte denn auch reges Treiben. Während der Minister, krawattenlos aufgeknöpft, launige Begrüßungsworte sprach und die Kollegin sich über die hemdsärmelig ungenierte Vertraulichkeit des Gastgebers sichtlich wunderte, machte ich mir schon Sorgen um die zu erwartende Verpflegung. Dann aber sagte er, er wisse um die Wichtigkeit des Genießens, des Feste-Feierns, und somit sei das Buffet eröffnet. Das Buffet indes bestand aus Würsteln. Weil die Kunst nach Brot geht, gab es auch das. Im Wissenschaftsministerium spart man sogar noch eiserner: Die jüngste Einladung für Auslands-Unilektoren bestand in der Einladung, die Kosten beim Heurigen selbst zu übernehmen. Es geht ja schließlich ums Geistige. Wie der Direktor des Museumsquartiers bei der Eröffnung des O-Töne-Festivals sagte: "Die Literatur ist das Knochenmark."

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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