Jägerstätter in Israel

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Josua Sobols Drama wird in Linz erstaufgeführt.

Die österreichische Erstaufführung des 2003 in Tel Aviv uraufgeführten Dramas "Jägerstätter" (Deutsch von Alice Baar) wurde der Regie von Christian Wittmann anvertraut, der zwar mit seiner kompakten 75-Minuten-Strichfassung, die sich auf die Aussagekraft von Sobols Sprache stützt, recht gut umzugehen wusste, aber Schwächen in der Personenführung erkennen ließ. Sein Verzicht auf jegliches Lokalkolorit, das sich durch die geografische Nähe von St. Radegund im Innviertel, dem Geburts- und Wohnort des Franz Jägerstätter (Joachim Rathke), angeboten hätte, zielte auf den Anspruch auf Allgemeingültigkeit des Widerstands aus Gewissensgründen.

Sobol hat seine Parabel anlässlich eines innenpolitischen Konflikts geschrieben: Israelische Piloten hatten sich geweigert, Palästinenserlager zu bombardieren. Als Titelfigur wählte er Franz Jägerstätter.

Leider wurde die Transparenz der Inszenierung durch Mehrfachbesetzungen beeinträchtigt. Rathke stattete seinen Helden nicht nur mit sympathischen Zügen aus: kompromisslos bis zur Sturheit, selbstbewusst, stolz, aufbrausend und liebevoll. Schauplatz der Handlung auf der minimalistischen Bühne ist ein offener Kubus als Todeszelle, die Handlung selbst eine Mischung aus Tag und Traum(a). Wer besucht ihn hier nicht aller: die Ehefrau, seine Jugendliebe (sehr präsent: Sabine Martin), die Tochter Maria, zwei Jugendfreunde, die Gefängnisärztin, der Wärter (überzeugend: Martin Müller-Reisinger) und ein Pater - einig in ihren vergeblichen Bemühungen, ihn von seinem Entschluss abzubringen. Als einer von 515 Männern endete er unter dem Beil, aber er ist der erste aus dem ehemaligen Dritten Reich, der auf einer israelischen Bühne nicht als Täter, sondern als Opfer dargestellt wurde.

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